30.5. 31.5 – 1.6
Braila Rumänien
Moldawien Transit
Reni Ukraine Izmail 30.5.
Izmail nach Vilkove 31.5.
Donaudelta Kilometer 0 am 1.6.
Die Fahrt von Braila nach Izmail hatte, naja, irgendwie nichts wirklich besonderes. Die Strecke raus aus Braila, übers flache Land, lief schnell, eine Bundesstraße mit stetigem Verkehr, Leitplanken die die Lust zum stehenbleiben vermiesten, aber ansonsten, na ja, nichts besonders. Auch Galati, der Grenzort bezirzte nur durch eine riesige Fabrikkulisse, Kilometerlange Versorgungsleitungen, Gestrüpp, rostiger Wellblechbauten.
Dann kam die Ausreise Rumänien, ein freundliches, leicht gelangweiltes Durchwinken, der Transit durch Moldawien, mit einer einfachen, aber schnell und anstandslosen Kontrolle der Papiere und die Einreise in die Ukraine mit einem enormen Bürokratiegewusel, mehrfacher Nachfrage für einen Reisegrund, den ich in der kürze der Zeit nicht erklären konnte, einer tiefen in Augenscheinnahme meines Gepäcks, der Medikamente, der Suche nach Waffen, Drogen und Gassprays, das sie aber nicht entdeckten da es zu offensichtlich in der Fronttasche lag. In Anbetracht der bald anstehenden Ausreise werde ich mich davon nun trennen.
In Reni, Ukraine, gab es Banken, ich konnte mich mit der Landeswährung eindecken, ein trockenes Plätzchen, das mir die Gelegenheit zu essen bot, während eine kleine Schauer über mich drüber hinweg zog. Weiterfahrt dann bis Izmail.
Was den Tag dann, auch im nachhinein, so anstrengend in Erinnerung hielt war nicht die eigentliche Distanz an diesem Tag von ca. 108 Kilometer sondern einfach dass die zweite Hälfte der Etappe bald 68 Kilometer ohne nennenswerte Pausen waren. Selber Schuld.
Auffallend aber eines, die Leute sind nicht mehr so direkt, offensiv freundlich, wie in Bulgarien oder Rumänien, rufen nicht mehr „Hey you, hello“, sie sind etwas zurückhaltender und auch zurückhaltend mit der direkten Müllbeseitigung. Die Ukraine ist im Vergleich zu den letzten 4 Ländern auffallend sauberer.
Begleitet werde ich auch an diesem Tag von Richard, einem Förster aus dem Schwarzwald. Auch er ist mit dem Rad, von der Quelle zur Mündung unterwegs.
Den nächsten Tag, die Fahrt von Izmail nach Vilkove, möchte ich am liebsten anbetracht des Zielortes, des heutigen Tages, gar nicht beschreiben, vergessen.
Es war eine quälende Fahrt. Sie war gar nicht allzu lang, es gab kaum Hügel, plattes Land, aber es gab eigentlich auch keine Straße mehr. Man darf getrost die gelbe Linie aus allen Straßen Karten herausradieren. Diese 80 Kilometer war das reine Schlagloch Rodeo, immer wieder ausweichen, abbremsen, beschleunigen, rein fahren, rauer grober Asphalt in Brocken, ausgeschlagene Stellen über zwei oder drei Meter im Durchmesser, halber Meter Tief, für moderne Fahrzeuge unbefahrbar, definitiv und es fuhren auch gar keine Autos mehr auf dieser Strecke. Es war unmöglich. Die stetige Konzentration war die Anstrengung, der Blick immer auf ein zwei Meter vor das Vorderrad gerichtet, kaum ein Blick in die Landschaft. Dann folgte eine nicht enden wollenden Gerade, ich schätze an die zwanzig Kilometer, sie zermürbte, man konnte keinen Punkt fixieren auf den man zu rollen konnte, wo man ein Weiterkommen spüren, sehen konnte. Die Hitze stieg, die Luft stand, die Luft aus meinem Hinterreifen entschwand, eine der unzähligen Kanten, Schläge musste meinen Schlauch gelöchert haben, die Mücken freuten sich an der salzigen Haut, labten sich an meinem Blut als ich den Schlauch wechselte, schwitze, fluchte.
Warum nur nach Vilkove, Wilkobo, warum nur? Weil es der nun wirklich letzte Ort an der Donau ist, die Straße geht nicht weiter, Vilkovo ist das kleine Venedig des Osten, es ist das Venedig mit Kanälen durchzogen am und im Delta der Donau. Und es ist schön. Das Camp ein Genuss, direkt an einem Flussarm gelegen der leise vorbeizieht, der nur noch wenige Kilometer durch Sümpfe, Gräser und unzählige Insel zieht, ins schwarze Meer strömt.
Er strömt und er strömt eine Gelassenheit, eine Ruhe und unendliche Kraft aus.
Ich bin nun von Passau aus 2619 Kilometer bis hier ans Ende der Donau gefahren und wenn ich die Kilometer aus der ersten Etappe dazu zähle 3850 Kilometer.
Gesegnet wurden die Anstrengungen der beiden letzten Tage durch die heutige Flussfahrt, raus durch das Delta zum 0 Kilometer Punkt, zur Mündung, zum Schwarzen Meer, das Gurren der Tauben, fliegende Pelikane, Störche und Reiher, das Quacken der Frösche, das Rufen der vielen Kuckucks, das kühle Bier, meine Plauze bleibt, der Bart wächst der Schnäutzer ist mir unheimlich, der Blick auf diese Tier reiche, friedliche Landschaft, die netten Menschen, das leckere Essen, das warme bis sehr warme Klima, der phantastische Service hier auf dem Platz, man bestellt was man gerne wann zu essen haben möchte und die Donauprinzessinnen bringen es, pünktlich.
Leider, sehr schade müssen wir morgen weiter. Der Bungalow ist schon vermietet.
Also heisst es den heutigen Tag hier so gut es geht und noch besser zu geniessen. Die Luft zu atmen, die Atmosphäre, das Wasser zu berühren, jeden Moment am Wasser, den Strom, die Lebensader, die Verbindung der Kulturen, Träger des Lebens zu erleben.
Eine Geschichte über ein Ereignis mit meinem Vater wollte ich heute noch anstellen, passt aber heute hier nicht hin. Und ja. (An.) es gibt dieses Gefühl, dass der Vater einen begleitet, dass er da ist, aber ich suche die Verbindung, die Erinnerung, die Nähe.
Mit dem Erreichen des Donaudeltas und dem 0 Kilometer Punkt habe ich eine für mich wichtige Etappe, Stufe erreicht. Ziele so setzen, das sie erreichbar sind. Ein Ziel wie China oder Vietnam zu haben sind sehr hoch gesteckt, nicht vorstellbar, die Zeit ist nicht abzuschätzen. Ich muss, um mich nicht zu fürchten, nicht ab zu brechen, durchzuhalten, mir einzelne erklimmbare Stufen zu recht legen. Die Fahrt bis Passau, ans Ende Deutschlands, die Fahrt bis zum Schwarzen Meer, jetzt beginnt die Fahrt nach Odessa, ein neues Kapitel schlage ich auf, durch die Ukraine und dann später erst kommt irgendwann Georgien und Aserbaidschan. Aber das kommt erst später auf mich zu.