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zum O Kilometer Punkt – Ende der zweiten Etappe

30.5. 31.5 – 1.6

Braila Rumänien
Moldawien Transit
Reni Ukraine Izmail 30.5.
Izmail nach Vilkove 31.5.
Donaudelta Kilometer 0 am 1.6.

Die Fahrt von Braila nach Izmail hatte, naja, irgendwie nichts wirklich besonderes. Die Strecke raus aus Braila, übers flache Land, lief schnell, eine Bundesstraße mit stetigem Verkehr, Leitplanken die die Lust zum stehenbleiben vermiesten, aber ansonsten, na ja, nichts besonders. Auch Galati, der Grenzort bezirzte nur durch eine riesige Fabrikkulisse, Kilometerlange Versorgungsleitungen, Gestrüpp, rostiger Wellblechbauten.
Dann kam die Ausreise Rumänien, ein freundliches, leicht gelangweiltes Durchwinken, der Transit durch Moldawien, mit einer einfachen, aber schnell und anstandslosen Kontrolle der Papiere und die Einreise in die Ukraine mit einem enormen Bürokratiegewusel, mehrfacher Nachfrage für einen Reisegrund, den ich in der kürze der Zeit nicht erklären konnte, einer tiefen in Augenscheinnahme meines Gepäcks, der Medikamente, der Suche nach Waffen, Drogen und Gassprays, das sie aber nicht entdeckten da es zu offensichtlich in der Fronttasche lag. In Anbetracht der bald anstehenden Ausreise werde ich mich davon nun trennen.
In Reni, Ukraine, gab es Banken, ich konnte mich mit der Landeswährung eindecken, ein trockenes Plätzchen, das mir die Gelegenheit zu essen bot, während eine kleine Schauer über mich drüber hinweg zog. Weiterfahrt dann bis Izmail.
Was den Tag dann, auch im nachhinein, so anstrengend in Erinnerung hielt war nicht die eigentliche Distanz an diesem Tag von ca. 108 Kilometer sondern einfach dass die zweite Hälfte der Etappe bald 68 Kilometer ohne nennenswerte Pausen waren. Selber Schuld.

Auffallend aber eines, die Leute sind nicht mehr so direkt, offensiv freundlich, wie in Bulgarien oder Rumänien, rufen nicht mehr „Hey you, hello“, sie sind etwas zurückhaltender und auch zurückhaltend mit der direkten Müllbeseitigung. Die Ukraine ist im Vergleich zu den letzten 4 Ländern auffallend sauberer.

Begleitet werde ich auch an diesem Tag von Richard, einem Förster aus dem Schwarzwald. Auch er ist mit dem Rad, von der Quelle zur Mündung unterwegs.

Den nächsten Tag, die Fahrt von Izmail nach Vilkove, möchte ich am liebsten anbetracht des Zielortes, des heutigen Tages, gar nicht beschreiben, vergessen.
Es war eine quälende Fahrt. Sie war gar nicht allzu lang, es gab kaum Hügel, plattes Land, aber es gab eigentlich auch keine Straße mehr. Man darf getrost die gelbe Linie aus allen Straßen Karten herausradieren. Diese 80 Kilometer war das reine Schlagloch Rodeo, immer wieder ausweichen, abbremsen, beschleunigen, rein fahren, rauer grober Asphalt in Brocken, ausgeschlagene Stellen über zwei oder drei Meter im Durchmesser, halber Meter Tief, für moderne Fahrzeuge unbefahrbar, definitiv und es fuhren auch gar keine Autos mehr auf dieser Strecke. Es war unmöglich. Die stetige Konzentration war die Anstrengung, der Blick immer auf ein zwei Meter vor das Vorderrad gerichtet, kaum ein Blick in die Landschaft. Dann folgte eine nicht enden wollenden Gerade, ich schätze an die zwanzig Kilometer, sie zermürbte, man konnte keinen Punkt fixieren auf den man zu rollen konnte, wo man ein Weiterkommen spüren, sehen konnte. Die Hitze stieg, die Luft stand, die Luft aus meinem Hinterreifen entschwand, eine der unzähligen Kanten, Schläge musste meinen Schlauch gelöchert haben, die Mücken freuten sich an der salzigen Haut, labten sich an meinem Blut als ich den Schlauch wechselte, schwitze, fluchte.

Warum nur nach Vilkove, Wilkobo, warum nur? Weil es der nun wirklich letzte Ort an der Donau ist, die Straße geht nicht weiter, Vilkovo ist das kleine Venedig des Osten, es ist das Venedig mit Kanälen durchzogen am und im Delta der Donau. Und es ist schön. Das Camp ein Genuss, direkt an einem Flussarm gelegen der leise vorbeizieht, der nur noch wenige Kilometer durch Sümpfe, Gräser und unzählige Insel zieht, ins schwarze Meer strömt.
Er strömt und er strömt eine Gelassenheit, eine Ruhe und unendliche Kraft aus.
Ich bin nun von Passau aus 2619 Kilometer bis hier ans Ende der Donau gefahren und wenn ich die Kilometer aus der ersten Etappe dazu zähle 3850 Kilometer.

Gesegnet wurden die Anstrengungen der beiden letzten Tage durch die heutige Flussfahrt, raus durch das Delta zum 0 Kilometer Punkt, zur Mündung, zum Schwarzen Meer, das Gurren der Tauben, fliegende Pelikane, Störche und Reiher, das Quacken der Frösche, das Rufen der vielen Kuckucks, das kühle Bier, meine Plauze bleibt, der Bart wächst der Schnäutzer ist mir unheimlich, der Blick auf diese Tier reiche, friedliche Landschaft, die netten Menschen, das leckere Essen, das warme bis sehr warme Klima, der phantastische Service hier auf dem Platz, man bestellt was man gerne wann zu essen haben möchte und die Donauprinzessinnen bringen es, pünktlich.

Leider, sehr schade müssen wir morgen weiter. Der Bungalow ist schon vermietet.
Also heisst es den heutigen Tag hier so gut es geht und noch besser zu geniessen. Die Luft zu atmen, die Atmosphäre, das Wasser zu berühren, jeden Moment am Wasser, den Strom, die Lebensader, die Verbindung der Kulturen, Träger des Lebens zu erleben.

Eine Geschichte über ein Ereignis mit meinem Vater wollte ich heute noch anstellen, passt aber heute hier nicht hin. Und ja. (An.) es gibt dieses Gefühl, dass der Vater einen begleitet, dass er da ist, aber ich suche die Verbindung, die Erinnerung, die Nähe.

Mit dem Erreichen des Donaudeltas und dem 0 Kilometer Punkt habe ich eine für mich wichtige Etappe, Stufe erreicht. Ziele so setzen, das sie erreichbar sind. Ein Ziel wie China oder Vietnam zu haben sind sehr hoch gesteckt, nicht vorstellbar, die Zeit ist nicht abzuschätzen. Ich muss, um mich nicht zu fürchten, nicht ab zu brechen, durchzuhalten, mir einzelne erklimmbare Stufen zu recht legen. Die Fahrt bis Passau, ans Ende Deutschlands, die Fahrt bis zum Schwarzen Meer, jetzt beginnt die Fahrt nach Odessa, ein neues Kapitel schlage ich auf, durch die Ukraine und dann später erst kommt irgendwann Georgien und Aserbaidschan. Aber das kommt erst später auf mich zu.

vielleicht ein Wandel

Ruse 23.5. 39 0
Tutrakan 24.5. 40 61,09
Silistra 25. Mai 41 65,9
Cernovoda 26. Mai 42 108
Daeni 27.5. 43 80,29
Braila 28.5. 44 85,25
Braila 29.5. 45 0

Ich schmeisse euch die Fakten und die Statistik hier zu erst einmal hin. Ich brauche das auch selber zur Orientierung. Das waren wieder 5 Reisetage voller Eindrücke, Qualen und Freuden, und neuen Bekanntschaften.
Heute am Mittwoch den 29.Mai, ich sitze auf dem Bett meiner Pension in Braila, komme ich erst zu meinem Tagebuch. Es wurde Zeit. So viele Gedanken und Erinnerungen, schon einmal im Geiste vorformulierte Sätze verschwimmen, Eindrücke verblassen, bekommen unter den vielen Kilometern und Folgetage einen neuen, anderen Stellenwert. Schreibe ich sie noch nieder, konzentriere ich mich auf andere Punkte? Das Ergebnis kenne ich auch erst in ein paar Stunden, wenn ich den Computer geschlossen habe, die Bilder bearbeitet, den fertigen Text hochgeladen.

22.Mai und 23.Mai
Ich hatte mir 2 Ruhetage in Ruse gegönnt
24. Mai
Fahrt nach Tutrakan 61 Kilometer, (Landstraße, etwas Verkehr, trocken, ging sehr schnell
25. Mai
Tutrakan nach Silistra auch nur 65 Kilometer waren auch einfach (Grenzort zu Rumänien)
26. Mai
von Silistra nach Cernovoda 108 Kilometer verdammt hart und mit über 1000 Höhenmeter
27. Mai
Von Cernovoda nach Daeni auch gute 80 Kilometer, auch echt anstrengend , wieder gute 800 Höhenmeter
28. Mai
Von Daeni nach Braila
Wieder gute 80 Kilometer, teilweise extrem harter Gegenwind, ansonsten aber eine schöne Fahrt

Kommen wir zurück nach Ruse
Es ist schon ein verdammter, unendlicher Luxus, in dem ich hier schwebe.
Ich hatte zwei wunderbare Abendessen in einem Restaurant. Catfish, Wells, Waller und an dem einen Tag und an dem zweiten Abend Muscheln aus dem schwarzen Meer, ausgesprochen toll, so unvergleichlich besser, (leider) als unsere norddeutschen. Es gab dazu, ich weiß nicht wie und ich weiß nicht woher sie ihn hatten, einen selbst gemachten, leckeren, erfrischenden Weißwein. Beide Tage bei wunderbarem Wetter, die Menschen in Ruse nett, freundlich offen. Eine Stadt mit Atmosphäre, einzelne Häuser mit morbiden Charme, langer Historie, Eleganz, junge Menschen spürbar aufstrebend, die Zukunft begehrend.
Auffallend viele junge Menschen, auffallend viele junge Mütter mit kleinen Kindern, Kinderwagen, entspannte Atmosphäre in den Cafés, Restaurants, den Parks, auf dem großen zentralen Platz. Jeder lässt jeden hier leben, ist höflich, freundlich, zurückhaltend. Ich hatte Ruhe, Zeit zum Lesen und sinnieren.
Man kann sich hier festsetzen, bequem werden, es wird schwer sich wieder aufzuraffen, so angenehm.

24.5
Ich wollte weiter. Die Argentinier hatten einen anderen Rhythmus, liessen sich nicht blicken, ich startete wieder alleine.
Zuerst fiel es mir schwer. Mein Eintrag, meine Gedanken zu meiner Geschichte, Bemerkungen in dem letzten Tagebucheintrag, hatte Nachwirkungen. Die Seele, das Herz war berührt worden, Erinnerungen geweckt, Verletzungen kamen hoch, kleine Narben juckten, meldeten sich.
Ich träumte, die Nacht war durchzogen von Anstrengung.
Tutrakan, die Entfernung kam mir sehr gelegen, nicht so weit das man ehrfürchtig an eine Etappe hätte gehen müssen, nur 61 km, weit genug um mich durch schnellen Tritt, schneller, Fahrt und Anstrengung auf andere Gedanken bringen zu können.
Das erste Hotel im Ort war gut genug. Abendessen im angegliederten Restaurant, ein Gewitter zog herüber, der Blick aus der dritten Etage über die Auen, der sanft fließenden Donau, beendeten den Tag stimmungsreich, mit den noch auf dem Herzen liegenden Bildern.

25.5
Ein neuer Radfahrer kreuzte auf. Richard.
Weiterfahrt mit Richard nach Silistra.
Das ist gut.
Silistra – Grenzort zu Rumänien.
Wir nehmen wieder das erste Hotel, waren zu bequem, verglichen das Angebot nicht mehr mit anderen, prüften nicht mehr den Komfort, vergewisserten uns nicht mehr der Tatkraft des Restaurants und dem angebotenen Frühstücksservice, waren mit dem ersten Eindruck zu frieden, waren zum Schluss enttäuscht, genervt, wütend und auf uns selber sauer.
Schmutz, eine tote Kakerlake, eine gebrauchte, alte Weiberunterhose, hing vergessen noch am Handtuchhalter, das Restaurant öffnete erst gar nicht, Frühstück gab es keins.
Ich fühlte mich verarscht.
Entschädigend aber war der Abend am Fluss, der Sonnenuntergang, das Abendessen in einem anderen, einem geöffnetem Restaurant und die Begegnungen in der Stadt.
Die Reise, das Gefühl der Reise, nahm für mich eine spürbare Wandlung.
War es vorher stark von Aufbruch, Aufwand und Mühe bestimmt, dem Druck der Überwindung, sich aufzuraffen, weiter zu fahren, durchzuhalten,
brachte der Abend am Strom, das Bierchen zum Feierabend, die letzten Strahlen der im Westen untergehenden Sonne etwas von der süße des Fernwehs.

Mit Richard 26.Mai nach Cernavoda
Es gab drei unterschiedliche Möglichkeiten, Richtung der Ukraine, für mich weiter zu kommen. Eine direkte Linie, glatt, bequeme 170 bis nach Galati, wahrscheinlich auch eher langweilige, oder über Konstanza, ein viel weiterer Weg, vielleicht zu lang, da ich am 5 Juni gerne in Odessa sein möchte, oder den mittleren, der Donau auf der gebirgigen Seite, anspruchsvoll wellig, abwechslungsreich, folgend.
Wir nahmen, ich stimmte ahnungslos zu, die brutale Tour.
Über 108 Kilometern und 1030 Höhenmeter in 7 Stunden
Ein sehr warmes Wetter, 28 Grad Celsius, nur ein lauer Luftzug, – das ständige rauf und runter, erschwerten den Tag.

Dann kamen wir in Cernavoda an. Jedes Zentrum nahe Hotel war geschlossen. Eine umständliche Suche brachte schlussendlich, außerhalb der Stadt, neben dem AKW Erfolg. Zwei Hunde Attacke sollten, eine Meute von einem halben Dutzend wilder Köter, zähnefletschend griffen an, der Abschluss des Tagesfahrt sein.
Man kann und sollte nicht zu flüchten versuchen. Ein direkter Angriff auf die kleinen Bestien, sofortiges Abbremsen der Räder, beide Füße auf den Boden, die Augen auf die Angreifer fixieren, anbrüllen und möglichst auch mit einem Steinwurf drohen, erschrecken und verängstigen die kläffenden Hunde. Es gehört zu Anfang ein bisschen Mut und Selbstbewusstsein dazu, aber es ist das sicherste und zwingt die irritierten Angreifer selber zur Flucht.

27.Mai von Cernavoda, weiter Richtung Galati, bis nach Daeni

Die Strecke war wieder sehr anspruchsvoll, zäh, meine Motivation war auf dem ersten Drittel bald gegen null. Es sollte sich legen. Aber es war lang und belastend.

Gelegenheit eine der schönen Seiten, eine Begegnung, Gastfreundlichkeit, zu erwähnen.
Im Ort Daeni, die Infrastruktur ist bis auf die zwei Kneipen und dem Supermarkt, auf null runter gefahren worden, wir orientierten uns gerade, schauten auf die Straßenkarte, überlegten weiter zu fahren oder sprachlos einfach stehen zu bleiben, kam ein Mann lächelnd auf uns zu, fragend, staunend, was wir in dem Ort suchen, erwarten würden.
Nein, Zimmer oder Pensionen gäbe es keine, wir könnten in seinem Hause übernachten. Ich hatte mich auf eine Nacht im Zelt, am seichten Ufer der Donau, innerlich etwas gefreut, eingestellt.
Zu Gast, privat, in eines der aus Lös und Lehmziegeln gebauten alten Häuser, Einblick in die Lebensweise, Wohnung, einen geselligen Abend, zu bekommen, versprach eine wunderbare Erfahrung, eine Bereicherung der Reise.
Lorenzo ungefähr in unserem Alter, gebildet, interessiert an Photographie, Essen, Kultur und Reisen, war nur für zwei Tage, aus bürokratischen Gründen, etwas mit dem Grundstück musste behördlich geklärt werden, zu seinem Elternhaus, aus Bukarest kommend, angereist.
Er sagte „You are lucky“ weil nur jetzt wäre er dort und nur so konnte er uns beherbergen – und ja wir waren lucky.
Wir, (ich), kochten zusammen, aßen, tranken, schwatzen und lachten.

28.Mai
Zum Frühstück, backte er eine Pie aus Käse und Ei, kochte einen starken leckeren türkischen Kaffee und schickte uns, gestärkt, beseelt mit den besten Wüschen und Segen auf die nächste Etappe. Begegnungen die kommen, die man nicht planen kann, die sich ereignen, Begegnungen, Ereignisse die sich fügen. Alles ist im Fluss.

Die letzte Etappe bis Braila, von ein paar Kilometern mit extremen Gegenwind gezeichnet, verlief locker.
Ganz anders hingegen die Suche nach einer Unterkunft in Braila, sie war kompliziert, ausverkaufte Hotels und mit unverschämten Preisen gekrönt.
Ich möchte gerne zum schreiben kommen, Wäsche waschen und mich auf den nächsten Abschnitt, der Ukraine, vorbereiten. Zum Schluss habe ich meine Suche, im Grand Hotel, (ohne Liftboy) für eine Nacht, aufgegeben.

29.Mai Ruhetag. 15:00
Eine neue, günstigere Unterkunft ist bezogen, die Wäsche ist in einer Maschine, der Text ist geschrieben, jetzt noch ein paar Bilder raussuchen..und dann ein Spaziergang durch den Ort.
Es gab so viele beeindruckende Gebäude, die ich gerne noch im Tageslicht in Augenschein nehmen möchte.

Ach ja und morgen geht es dann durch Moldavien, im Transit, in die Ukraine. Ein neuer Abschnitt der Reise beginnt. Ich kann es noch nicht genau beschreiben, aber es ist ein neuer, eine neue Stufe, der Reise.

So fühlt es sich an.

Text habe ich kein zweites mal mehr Korrektur gelesen.. müsst ihr mit klar kommen.

2 Tage Ruse

22.5. – 23.5. 2019

Der Teil der Stadt, wo meine Pension gelegen ist, ist ruhig, das Zentrum dominiert von großen Parks, großzügigen Plätzen, verkehrsberuhigten Straßen lädt zum verweilen, zum Kaffee trinken und lesen ein.
Und Ruse ist voll mit jungen Müttern und Kinderwagen.

Das war es was ich heute mitteilen wollte. Ich habe frei. Ich genieße, dass ich keinen Druck habe, keinen Druck verspüre, nicht die Unruhe vorwärts zu kommen, kommen zu müssen. Erst gegen den 5. Juni will ich in Odessa sein, Zeit genug vielleicht auch noch nach Konstanza ans Schwarze Meer, vielleicht noch ein paar Tage am Strand zu verweilen.
Ich komme zum lesen. Ich kann mich über Stunden in ein Buch vertiefen und habe gelernt mein gerade betretendes neues Umfeld, die Atmosphäre der Gegend, des Ortes, der Landschaft, die Ausstrahlung einfach zu erfahren, zu spüren, ein zuatmen, aufzunehmen.
Spüren.
Wie fühlt es sich an, welche Ausstrahlung hat der Platz? Auf Gefühl, aufs Herz und auf den Magen hören.

Antwort an meinen anonymen Schreiber Teil zwei:
So was kommt dann dabei raus, wenn man Zeit zum nachdenken hat und Muse zum schreiben.

Dein Brief ist gut, weil emotional, weil er viel aussagt, weil auch eine gewisse Wut heraus zu spüren ist. Das ist OK.
Ich kann dir vielleicht nicht in allen Punkten recht geben, aber er beschäftigt mich.
Ich bin über manche verquerte Frage froh.
Punkt welche Forderungen stelle ich an meine Familie.
Gute Frage; welche? Und sind sie gerechtfertigt?

Dazu möchte ich Dir , Unbekannter, sagen dass es auch auf die Sprache ankommt, wie man was formuliert, formuliert hat, seine Anliegen vorgetragen, gezeigt hat.
Es gibt mit einem sieben Möglichkeiten etwas auszudrücken und sieben Möglichkeiten den gleichen Satz zu verstehen.
Daher sollte die Wahl der Worte, gerade bei den Kurznachrichten, wohl überlegt sein.
Dazu kommt dass man mit dem was man mitteilen möchte auch die richtige Sprache verwenden sollte, aus dem „Ich“ Standpunkt kann man seine „Forderungen“ der Familie gegenüber, den Freunden gegenüber, dem Partner gegenüber anmelden.
Und wenn Du es nicht Forderungen sondern Bedürfnisse nennst und auf der Ich Ebene bleibst – kann man Dich auch verstehen. Ich möchte gerne reisen, ich möchte Dich gerne sehen, ich vermisse Dich, ich bin traurig, ich bin auf der Suche, ich möchte gerne alleine sein, ich möchte gerne mit Dir zusammen sein.
Dann kann man Dich verstehen

Ich möchte zu Ruhe kommen, ich möchte nicht verletzt werden, ich möchte wissen wer ich bin, was mich ausmacht und warum ich so bin wie ich bin.
Was weiss ich bisher?
Ich bin auf der Suche nach meinem Vater. Ich bin auf der Spurensuche.

Mein Vater ist schon lange tot musst Du wissen – ich war sehr jung als er starb.
Ich habe das Gefühl zu wenig Zeit mit ihm verbracht zu haben, zu wenig Nähe zu gelassen zu haben. Ich war bei meiner Mutter, ich war im Internat, ich war mit Freunden weg, ich war unterwegs, ich hatte mir zu wenig Zeit genommen.
Die Zeit, die ich im Internat verbracht hatte, alleine ohne Familie, erinnert mich oft ans Reisen, an das alleine reisen, an das alleine sein, ans selber schaffen müssen, an sich dem Alleinsein stellen, ohne Familie, ohne Partner zusein.

Ich stelle keine Forderungen an meine Familie, ich bitte sie mich zu verstehen.
Ich habe gerne, hätte gerne, eine Familie, ich wollte immer gerne eine Familie haben, Kinder.
Allerdings habe ich es nicht geschafft. Unvermögen. Zuerst war ich wahrscheinlich zu jung, hatte die zu wenig Verständnis zu den Bedürfnissen der Familie, ich konnte sie nicht hören, sehen, was sie mir vielleicht gesagt hatten, welche Ansprüche sie gestellt haben. Ich habe es nicht gehört, nicht verstanden. Dann lief ich einem Traum nach, eine süße Wolke, eine neue Familie wurde mir versprochen, ich glaubte dran, warf alle meine Hoffnung hinein, habe auf meinen Magen nicht gehört, das wehklagen meines Herzen ignoriert und bin in dem Schmerz, der Trauer bald umgekommen.

Unvermögen. Ich vermochte nicht zu hören, zu verstehen, zu sprechen. Ich war zu.
Mit vierzig kam die Erste die diese Türe aufschloss, die mich sehen lies, sprechen und hören. Die den Schlüssel hatte, für das ich unendlich dankbar bin. Durch diese Türe habe gehen können und erfahren was auf der anderen Seite, was auf einer anderen Ebene ist.
Man denkt, ich dachte, ich hätte vorher alles verstanden, gewusst, gekonnt. Ich konnte vorher gar nichts.

Es gibt Menschen die Dein Herz berühren.
Und manchen geht es genauso wie Dir, wie mir. Das kann befruchtend, unterstützend, das kann aber auch sehr schwer, sehr anstrengend sein.

Deswegen ist eine deutliche, Sprache wichtig. Und richtig.

Sprache verstehen, verstehen lernen.
Manch etwas was man manchmal auf der Straße erlebt, was Menschen einem vorwerfen, was Fremde von einem verlangen, betrifft Dich, einen, meist gar nicht. Es sind ihre Probleme, ihr Stress, es sind ihre Sorgen, ihr Unvermögen, dass sie gerne auf Dich abwälzen wollen.

Deswegen höre auf die Ich Sätze

Kopfschütteln….

19.5. -22.5.

Ich will mich beeilen mit dem Schreiben.
Die Sonne lacht vor der Türe, ich bin in Russe, zurück aus Rumänien für ein, zwei kleine weitere Etappen durch Bulgarien.
Ich will raus gehen mir die Stadt anschauen. Schon gestern nach der Einfahrt beeindruckte sie.
Groß, und nicht zu groß, gewachsen, durch viele Kulturen geprägt, am Fluss liegend, geschichtsträchtig. Mit großen Parks, reich an Bäumen, Alleen, alten Häusern, pre und post stalinistische, kommunistische Architektur. Bei uns wurde nahezu alles was kulturell, architektonisch an die, an eine diktatorische Zeit erinnerte entfernt, von Plätzen entfernt, zerstört, hier blieb es, hier lies man es, denn es war da, es war so. Zeugnisse der Geschichte.

Doch bevor ich mich aufmache den Ort zu erkunden. Kurzgefasst zurück zu den vergangenen Tagen.
Zwei Ruhetage, die ich mit lesen verbrachte, war ich in Turnu Magurele, Rumänien.
Dann gestern am 21.5. wollte ich weiter. Es gab die Möglichkeiten bis nach Zimnicea, leichte 56 Kilometer, ein maroder Ort, der zentrale Platz, Park ähnlich angelegt, mit vielen Sträuchern und Bäumen, ist nach drei Seiten hin von unvollendeten Bauruinen, aufgegebenen, zerfallenen Geschäften umfasst, oder ich fahre weiter bis Giurgiu, weiter 65 Kilometer, auch eher unbedeutend, wenig interessantes für Reisende, für den Tourismus nicht ausgelegt, oder ich schaffe auch noch einen weiteren Sprung, weitere 15 Kilometer über eine imposante Brücke nach Russe.
Was ich getan habe erklären schon meine einleitenden Worte, ich habe mich gewagt, war mir der Sache sicher, hatte Vertrauen, wollte überlegt in Zeit, Tempo, Kraftaufteilung, Genuss der Pausen, der Getränke bedächtig die ganze Strecke durch in Angriff nehmen.

Ich habe es geschafft, bin 135 Kilometer gefahren, war schnell, für meine Verhältnisse schnell, hätte längere Pausen gebrauchen können, hätte mehr trinken können, hätte etwas langsamer fahren können, bin heute noch total platt. Lerne noch.

Es ging durch Rumänien. Die Leute sind arm, beschweren sich über ihre korrupte Regierung, beschweren sich über die Missstände, loben wie schön sauber Deutschland ist. Eingänge, Vorgärten, Wege vor der eigenen Türe werden geputzt, gepflegt, gereinigt, gekehrt, der Müll gesammelt und zwanzig Meter weiter den nächste Hang runter, ins nächste Flussbett, hinter den nächsten Busch geworfen.
Müll ist ein Problem. Ich möchte verächtlich sagen, für sie nicht, denn es scheint es machen viele. Jeder beschwert sich, jeder tut es, jeder sieht hin, erkennt es, lässt es aber zu, ändert nichts.
Das ist nicht rein ein rumänisches Problem, das ist und war schon in Ungarn, Serbien, dem Kosovo, dem Balkan so und ich erinnere mich auch an die Türkei. Es ist unvorstellbar.

Naja. Es ist halt hier anders.
Und da gibt es hier in Bulgarien, vielleicht nicht überall, doch jetzt ist es mir schon einpaar mal aufgefallen.
Kopfnicken heisst und bedeutet nein, Kopfschütteln heisst und bedeutet ja. Kein Witz.

So und nun lasse ich die Bilder sprechen. Die Vogeljungen sind alle schon da, bei Störchen, Gänsen, Truthähne, es folgen Bilder von Schlangen, Bilder von uns unbekannten Dingen, Architekturen, Bilder die ich aufgeschnappt habe, die letzten 4 Tage. Habt Spaß, genießt es und bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung. t

von Serbien durch Bulgarien nach Rumänien

Ach herrje…..bald ist eine Woche vergangen.
Letzter Tagebucheintrag war vom 13.5.2019

Ok. Ich bin ausgeschlafen, hatte ein leckeres Frühstück, sitze unter Weinranken in einem wunderbaren Garten, meiner Pension, einer privaten Unterkunft, einem kleinem homestay, zwei oder drei Zimmer hat es, einem kleinem Zeltplatz , vielleicht gerade mal Platz für eine handvoll Zelte, als einziger Gast.
Werde herzlich umsorgt. Fühle mich sau wohl.

Die letzten Tage, Stoff für ein duzend guter Geschichten. Aber sie müssen geschrieben, erfasst werden. Das habe ich in der letzten Woche nicht geschafft.
Man mag es sich kaum vorstellen, doch die Zeit ist knapp, die Zeit der Muße, die Zeit die ich brauche zum Schreiben, die Gedanken fließen zu lassen, die Wörter zu finden.

Es war eine spannende und sehr abwechslungsreiche Zeit. Manchmal war es kalt, manchmal regnerisch, der Himmel verhangen, trübe, grau, manchmal brach die Sonne durch- aber an all das muss ich mich gleich noch mal, bei der Durchsicht der Bilder, erinnern.
Denn ihr glaubt es kaum, nach ein paar hundert Kilometern, nach unzähligen kleinen Dörfern, vielen Übernachtungen, zahllosen Begegnungen und den unterschiedlichsten Sprachen, Ortsnamen, Unterkünften, fällt es mir schwer auf Anhieb zu sagen, gestern hieß mein Übernachtungsort so, davor so und davor war ich in Widin, Kosloduy, Guilantsy, Negotin, Turnu Magurele oder war es anders herum …?
War ich 3 Tage oder vier Tage mit zwei radelden Argentinier unterwegs?
Ich schaue gleich noch mal nach.

Aber heute am Sonntag den 19.Mai 2019 sitze ich hier, auf der rumänischen Seite der Donau, in Turnu Magurele, auf dem Grund einer sehr lieben Gastgeber Familie.

Ich komme nun, hier, zu dem was mir Spaß macht, zum lesen, zum schreiben, Bilder sortieren, ein paar kleine Bildgeschichten hoch laden, auf meine Internetseite, auf Facebook, das verhasste und geschätzte Medium, das nützliche, sinnvolle, praktische, einfach zu bedienende, hinterhältig, gefährlich, noch nicht ganz abzuschätzen heimtückische.

https://www.facebook.com/Der-Spurensucher-mit-dem-Rad-Richtung-China-395639377897693/

Der Ordnungshalber vorab hier die letzten Etappen:

Am 13.5. von Kladovo nach Negotin (Serbien) 57 Km
(es wurde hügelig, trüb und kühl, am Morgen schüttete es noch – die Abfahrt viel mir schwer. Bis Negotin hatte mir gereicht)
Am 14.5. von Negotin (Serbien) nach Widin (Bulgarien) 50 Km
(das Wetter war wieder mal nicht einladend – aber es ging – ich kam durch – nach dem Mittagessen entschied ich mich in ein auf Fahrradfahrer sich spezialisiertes Hostel zu gehen – war nett – ich traf wieder auf die 2 Argentinier (in Budapest kennengelernt) )

Am 16.5. von Widin nach Kosluduj 107 Km
(Wir starteten zu dritt – aus einer sehr langsamen Durchschnittsgeschwindigkeit der Argentinier, teils musste ich mich echt beherrschen – entwickelte sich in den Bergen, Pässen, durch Wind und Regen eine gute Durchhaltestrategie und gute letztendlich ergab sich eine gute Gesamtkilometer Leistung )
Am 17.5. von Kosluduj nach Gulyantsi 109 Km
(Wir zu Dritt setzen noch einen drauf – sind aber wirklich auch sehr geschafft nach der Fahrt)

Am 18.5. von Gulyantsi (Bulgarien) nach Turnu Magurele (Rumänien) 36 km
(Ich wechsele die Flussseite, ins flachere Land und fahre gezielt meinen „Ruhetag“ Unterkunft an)

Ich hatte in Widin schon einmal versucht, abends nach der Fahrt, mit dem Tagebuch zu beginnen, die Eindrücke der Grenze, dem Stacheldrahtzaun, dem Block gegen den Osten, dem eisernen Zaun, diese Stimmung, diese Atmosphäre zu schildern. Wie es verrottet, geflickt, wie alte Formen des Umgangs, Grenzformalitäten, Abwicklungen gehandhabt werden, eingerittene Mimik, Habitus, die Gebaren. Sie scheinen sich in dem Craquele der Fassaden, der bröseligen Beton aufgenommen und sich wiederzuspiegeln.
Ein strenges, abweisendes Gesicht wird zu Annahme des Passes aufgesetzt. Nur die jungen Zöllner, nicht durch die Strenge, durch die vergangene Zeit, dem Misstrauen, versaut, lächeln, sind freundlich.
Durch Lächeln, Freundlichkeit, Höflichkeit, Unbekümmertheit, nimmt man den garstigen Ihren Grund, irritiert sie, öffnet sie, lässt sie ihre augesetzten Gebaren vergessen.

Doch vorab.
14.5. von Kladovo nach Negotin es sollte regnen, morgens war noch alles verhangen.. Lust ..Lust konnte ich keine empfinden, musste mich durchringen, aufstehen, es einfach ein gutes Stück versuchen.
Ich zog es, verzögerte, schleppte mich so langsam nur voran.
Ein gemütliches, einfaches, aber mit Herz gereichtes, Frühstück der Hausherrin genoss ich noch.
Gut, dann nur eine kleine Strecke halt, nur bis Negotin, nur 50 Kilometer.
Der Himmel lockerte sich auf, es lichtete sich. Der Regen lies nach. Ich war froh, zumindest kein Start im Regen. Die Strecke war schlicht, eintönig, ohne eine besondere Ausstrahlung. Hügelig, ein leichtes Auf und ab, aber nichts spektakuläres.
In Negotin kam ich so früh und so gut motiviert an, dass ich bald in Versuchung gekommen wäre die nächste Etappe, nach Widin, weitere 50 Kilometer, direkt in Angriff zu nehmen.
Zum Glück nicht. Nach kurzer Zeit zog es sich zu, es regnete, ich blieb in einem Hostel.

Im Hostel traf ich wieder auf die Argentinier aus Budapest.
Am nächsten Tag wollten wir zusammen starten – warum nicht.

15.5.2019 von Negotin nach Widim

Die zwei fahren – ohne Gnade, lassen sich kaum dabei irritieren, auf der Graden recht langsam.
Übers Land, kleine Seitenstraßen, kleine Dörfer, leichte Berge, Landwirtschaft, saftige Wiesen, ruhig wenig Verkehr, eine ausgesprochen schöne Strecke ging es bis zur bulgarischen Grenze.

Die Grenzstation, bröckelig, veraltet, eine Röntgenstation, eine LKW Desinfektionshalle, alte Eisenzäune, die schon angesprochenen missmutigen, gelangweilten Grenzer.
Bulgarien wirkte noch mal ein bisschen maroder, verbrauchter, ärmer als Serbien.
Doch, noch ein Vorteil hatte der Länderwechsel, das Telefonnetz funktioniert wieder, die Preise sanken noch tiefer.
Am nächsten Tag wollten wir es noch einmal gemeinsam versuchen. Ich nahm aus Bequemlichkeit in Widim, einfach keine Lust mehr weiter zusuchen, das erst beste, welches bestimmt überbezahlte und alternativreiche Zimmer, ging, nach einer heißen Dusche, runter zur Donau und setze mich auf ein kleines Restaurantschiff, dachte viel über die Hintergründe der Reise nach.
Die beiden gingen hinter einer Tankstelle zelten.

Gründe der Reise.
Es gibt immer, sicherlich nicht nur einen Grund, die eine Reise, die den einen Aufwand den Du betreibst, den Du aufnimmst, betreiben musst, mit prägen.
Alleine Reisen ist Aufwand, es ist nicht einfach. Man lässt nicht einfach, ohne Gedanken, sorglos, seine Familie, egal wie sie ist, sein angestammtes, vermeintlich sicheres Umfeld, seine Heimat, den Platz wo sein Herz schlägt zurück.
Es ist Aufwand sich aufzumachen, aufzubrechen.
Für mich ist es morgens beim packen, vor dem neuen Start in den neuen Tag, den Aufbruch ins Unbekannte immer ein Aufwand, eine Überwindung.
Aber ich überwinde.
Mal geht es leichter, die Sonne lacht, die Umgebung lädt dich ein, mal ist es schwieriger, der Regen die Wolken, der Himmel ist drückend, die Landschaft grau, der Start ungemein hart.

Wo kommt so etwas her.
Ich danke Dir lieber Peter an dieser Stelle für deinen letzten Brief. Dass ich Dich, mit meinem Tagebuch, so ansprechen konnte. Du, ja Du das denke ich kannst vielleicht leicht(er) meine Gefühle verstehen. Vielleicht haben wir eine ähnliche Geschichte, Mentalität, sind auf der Suche.

Diese Reise, auch damals meine erste Reise Richtung China 2011, wirkte wie eine Flucht vor dem Alltag, aus der Beziehung, aus dem Umfeld.
Aber es ist eine Suche nach einem Weg, einem neuen Weg, eine Suche auf Antworten, auf Zeit, auf Verständnis, eine unterbewusste Begierde auf die gleichen Gefühle, auf die Zeit in denen diese Gefühle die man während einer solchen Reise, einer solchen Herausforderung, unter solchen Bedingungen erstmalig, oft prägend ausgesetzt war, gespürt hatte.
Oft liegt es in der Kindheit begründet. Es ist eine Klausur. Es ist eine Wegfindung.
Sich der Einsamkeit, dem Alleine sein, der Mühe, den Nöten, dem Aufwand der Anstrengung, durch zu halten, durchhalten zu müssen und zu wollen, es zu schaffen, auszuhalten wiederholt sich dem aus zusetzten, den prägenden Gefühlen aus der Erinnerung, der Vergangenheit sich neu zu bewähren, bestätigen.
Klingt scheisse, ist aber ganz einfach, wenn man es verstanden hat und es zu lässt. Es ist ein Reiz des Reisens.
Leider traf es damals in meiner Beziehung auf kein Verständnis, für den Bedarf einen solchen Weg des Reisens zur Wegfindung, zum Verständnis der eigenen Psyche, den eigenen Bedürfnissen, den Fragen auf die Kindheit, zu gehen, gehen zu dürfen.
Selbst unreif, gebunden, nicht abgenabelt, Angst jemanden zu verlieren, selber nichts geben zu können ohne Gegenleistung zu erwarten, zu bekommen, der Tiger frisst das Kaninchen, starb die Beziehung einen Hungertod. Geliebt bis zu letzt.
Den Stein der diese Erkenntnis in sich birgt, meine Geschichte, die mich ausmacht und prägte, auch die Geschichte dieser Liebe, ein großer und wichtiger Abschnitt meines Lebens, der mir auf dem Herzen, im Magen lag, der Stein im Brett, ich fand ihn 2011 auf dem Pamir, möchte ich nun aus Anerkennung, Respekt und Verständnis, da ich ihn ihr nicht geben konnte, dort wieder zurück legen. In Köln hat er keinen Platz gefunden, er hat keinen Platz gefunden.

Mal sehen ob ich das schaffe. Denn es ist noch ein weiter, mühsamer Weg.

( Das ist auch für Dich, an den unbekannten anonymen Schreiber, vor ein paar Wochen. Es ist nicht immer so einfach wie man sich seine Wahrheit zurecht legt, man weiss nicht was einen anderen zu seinem Handeln treibt. Man muss ihn schon fragen, sich mit ihm oder ihr auseinandersetzten. Vieles ist nicht offensichtlich)

An dieser Stelle noch lieber Be.T. dass ich Dich aus dem Verteiler nehme, weil Du in deinem eingeschränkten sehr egoistischen Weltbild nur Deins, deinen Weg siehst, ist doch ok. Die anderen haben so zu sein wie Du. Bin ich aber nicht. Also belästige ich Dich nicht weiter. Reine Zahlen und Fakten können Dir andere schicken.

Okay ich bin zu weit abgeschweift.
Zurück zur Straße.

Am 16.5. von Widin nach Kosluduj 107 Km,
und am 17.5. von Kosluduj nach Gulyantsi 109 Km

An beiden Tagen sammelten sich die Kilometer steig, langsam, mühsam, aber sie sammelten sich. Trotz Berge, widrigem Wetter, Abwechslung durch Gespräche, Motivation brachten uns alle Drei so weit.
Der zweite Tag war noch etwas härter. Zu wenige Versorgungspunkte, kein Platz der frühzeitig zum verweilen einlud. Nach 30 Kilometern, mal ein Cafe, mal ein kleiner Laden.

Bulgarien pur. Was haben es diese Leute hier schwer, keine Arbeit, kein Geld, alles zerfällt, verfällt. Gärten werden gepflegt, Müll aus den Augen aus dem Sinn am Ortrand die Böschung runtergeschüttet (aber auch in Serbien, Kroatien und Ungarn), Häuser, Schulen aufgegeben, Fabriken pleite, nicht Konkurrenz fähig, junge Leute weggezogen, nichts zutun, in Cafes sich gelangweilt. Europa sei Dank. Die Menschen schütteln nur den noch den Kopf.

Aber die Strecke über Bulgarien, trotz der Anstrengung, mehr Berge als auf der rumänischen Seite, war es wert gesehen, erlebt zu haben.

Ein gibt eine auffallende Freundlichkeit in ganz Jugoslawien.
Gulyantsi im und am Ort haben wir keine Übernachtungsmöglichkeit gefunden.
Ein Betreiber eines kleinen Geschäftes organisierte uns eine Schlafmöglichkeit, in einem ganzen Haus, derzeit ungenutzt, offensichtlich Eigentum und Wohnsitz einer bulgarischen Familie die zum Geld verdienen, in Italien verweilte.

Am Morgen des 18.5. nach einem letzten netten Kaffee mit den beiden, verlies ich sie und Bulgarien, fuhr nur gute 27 Kilometer nach Nikopol, dem Grenzort und Fährhafen, wieder mit liebevollen 200 Höhenmetern versehen, setze über, bemerkte mit staunen und lachen wie ein streunender Hund auch auf die Fähre wartete, übersetze und sich auf rumänische Seite trollte.

Ruhetag: 19.5.2019
Turnu Magurele da sitze ich nun. Im Rustic home. Eine liebevolle schöne kleine Pension.
Seit acht Uhr schreibe ich an diesem Tagebucheintrag, nun ist es halb zwei. Ich habe Hunger.

Ps. bei allem Aufwand, Sorgen und Nöten gibt es auf Reisen aber natürlich auch den Lohn für die Anstrengungen:
Die Schönheit der Natur, die anderen Düfte, die Freundlichkeit der Menschen, die Freunde die man kennenlernt, eine neue inspirierende Kultur.

Bilder der letzten Woche,
ohne zeitlicher Sortierung, das Durcheinander hatte mir gefallen

Jetzt mal mit Begleitung

10.5. – 13.5.2019
Jetzt mal mit Begleitung

Kovin

„in Kovin“ bin ich stehen geblieben. Das war mein letzter Eintrag.
Klatschnass, müde und ich hatte auch keine Lust mehr.

Die nächste Absteige sollte meine sein, in Kovin. Das war sie dann auch, das Beli Bor.
Was für eine Absteige. Und verhältnismäßig teuer war sie dann auch noch.
Eine schmale Stiege im Hinterhaus führte zu einer handvoll kleiner Zimmer, eng, wenig Licht und schon gar keine funktionierenden Lampen, im Bad und am Bed.

Ein radelndes Pärchen fand sich ein.
Nach meinem Abendessen, der Blog der letzten Tage war fertig und hoch geladen, gesellte es sich dazu, wir quatschten über dies und das, den vergangen Tag, sprachen über Schlamm und Dornen und fanden heraus dass wir eine gemeinsamen Bekannten haben.

Den nächsten Tag wollten wir mal zusammen starten.

10.5.2019
von Kovin nach Gobulac

Ich genoss es nur mal mit zu fahren, nach zu radeln, ich hängte mich hinten dran.
Der Kopf wird freier.
Ich musste nicht überlegen, will ich eher über den Damm oder den längeren Weg über den Asphalt. Ich mache mir keine Gedanken über Pausen, Geschwindigkeit. Jörg und Vera nahmen mir das ab.
Ich stimmte einer Route zu. Bis 12:00 Uhr wollten wir an einer Fähre sein, nur alle drei Stunden sollte sie fahren, so erfuhr ich, nun denn dann wird man keine unbestimmte lange Wartezeit haben. 4 Restaurants lagen am Ufer, viel versprechend, attraktiv für mich direkt das erste. Ein fetter Kanonenofen bollerte, heizte den innen liegenden, mit duzenden Bildern und Karten schön gestalteten Gastraum auf, Blicke von Bob Dylan und anderer Größen aus den 70er fielen auf die hölzernen Tische.
Der angenommene Takt; 6:00, 9:00, 12:00 war einer anderer, nach langer Pause, leckerem Essen, gemütlichem pausieren lasen wir auf einem handgemalten Schild 7:30, 10:30 und 13:30.
Zeit für einen weiteren Kaffee und Beschnuppern zweier weiterer Radler, die auch auf dem Weg zum schwarzen Meer sind, Süd Tiroler, ein „Auer“ und ein Meraner, dessen Namen ich leider vergaß.

Wieder eine Fährfahrt. Am Deck bildeten sich wechselnde kleine Grüppchen, kurze Informationen werden ausgetauscht, wer, wohin fährt, zum Kapitän, zu Besatzung geschaut, den mitfahrenden Autofahren zu genickt, aber vor allem bin ich auf dem Strom, der Strom der mich nun seit Wochen führt, dem ich folge, Fisch reich, einer der ältesten Wasserstraßen, Grenzfluss, Lebensader, Verbindung hunderter Kulturen, schlängelt er sich durch halb Europa, von Deutschland, durch die Alpen, am Balkan vorbei, durchbricht Gebirge und öffnet sich in ein großes Delta, in Rumänien zum schwarzen Meer. Nach dem Ablegen umfährt die Fähre eine kleine Landzunge und mit einem Mal erlangt der Blick freie Sicht auf eine riesige Wasserfläche, Seen gleich, die Donau breit und sanft.

Der Fluss fließt behäbig, langsam, doch stetig. Grünlich, braun, sanft. Ich spüre auf der Fähre seine Kraft, die Ruhe die in ihm liegt, die Gelassenheit. Er transportiert, nimmt mit, ernährt, kommt und geht vorüber.

Vera, Jörg und ich blieben und fanden uns bis nach Gobulac zusammen. Rhythmus und Stimmung stimmte.
Im Ort mussten wir uns ein bisschen suchen, bis wir eine Unterkunft, die uns zusprach nahmen. Bedrückende Löcher, oder zu teuer.
Das Haus am Ort, eigentlich, wir von 2 Motorradfahrern erfuhren, sie waren gestrandet, ein Moped lief nicht mehr richtig, ausgebucht oder unwillig Zimmer zu vermieten, entschied sich nach freundlichen Neckereien, Augenzwinkern dann uns doch noch 2 Zimmer herzurichten.

Aida und Paul, Motorradweltreisende, entpuppten sich als sehr gesellig, witzig und ungemein symphatisch.

11.5.2019 Gobulac – Denji Milanovac

Ein weiterer Tag mit Vera und Jörg sollte folgen, Frühstück im Hotel, die beiden Vegetarier verschmähten ihr Rührei mit Speck, ich übernahm es, immer sollte am heutigen Tag ein längerer Anstieg, die ersten 400 Höhenmeter, folgen. 8 Eier können dann ja nicht schaden.
Der Tag lief gut, angenehme 60 Kilometer bis Denji Milanovac.
Im Ort trafen wir noch mal auf unsere Süd Tiroler, tranken eine Cola zusammen.
Gespräche, eingehendere, gezieltere, interessiertere Fragen kamen auf.
Es ist etwas anderes, ob man nur ein leichtes Geplänkel hat, oder ob sich jemand mit einem, mit einem Thema, einer Thematik, mit jemanden wirklich beschäftigt.
Ich öffne mich ganz anders, erzähle anders, mehr, tiefer gehend, gebe, lasse mehr zu.

Dazu brauche ich aber eine gewisse Sicherheit, eine Ahnung, ein gutes Gefühl. Ich will mich mit meinem Gegenüber verständigen. Auf eine Wellenlänge kommen. Empathie.
Echter Austausch, Erfahrungen, Mitteilungen.
Erzähler gibt es genug, Selbstdarsteller, oder freundliche, oberflächliche nicht wirklich an anderen, neuen Perspektiven Interessierte. Sie haben keine Empathie. Sie reflektieren nicht.
Sie sagen einem auch nichts. Also was soll es.

Es berührt wenn sich jemand in einem hineinversetzen kann.

Es war noch früh, doch lohnte es sich nicht weiter zufahren. Am nächsten Tag sollte es für mich nur bis Kladovo gehen. Weitere 70 Kilometer.
Wir, noch wir, Jörg und Vera und ich entschieden uns in Denji Milanovac zu bleiben.
Auf Google fand ich eine Pension für nur 10 €,-. Im Netz sah die Pension schon vielversprechend aus. Wir beachten nicht, nein wir missachten wissentlich, dass die Pension zwar nur in1 Km aber 86 weitere Höhenmeter höher, etwas abseits vom Ort, liegt.
Am Ende des Tages einen Weg rauf mit über 8 – 12% Steigung, eine unglaubliche Quälerei, ich konnte das Rad nur noch mit Mühe hoch schieben.
30 Meter vor dem Haus, den ganzen Berg sich rauf gequält, blieben die Beiden stehen. Sie wollten zurück in den Ort, sich nicht einmal mehr die Pension ansehen.
Ich blieb. Dem Herzen und Magen folgend. Und wurde belohnt.
Ein kleines Paradies. Ich war begeistert, ich habe mich sofort geborgen und sauwohl gefühlt.
Ein liebvoll gestalteter Garten, eine Terrasse mit Fernblick, die Donau, der Ort zu Füßen. Der Balkon ein Ort zum verweilen, mit allem zu frieden, nichts brauchend, in völliger Ruhe und Gelassenheit saß ich dort über eine Stunde, musste nichts tun, den Blick schweifend und konnte mich an dem Panorama nicht satt sehen.
Dann kam das Abendessen. Oh Gott. Alles Hausgemacht, selbst gemachte Limonade, aus Quitte, Minze und Zitrone, frisch gekochte, starke, klare Suppe, Gemüse, panierte gebackene Auberginen, ein Gedicht, ein Schnaps, eine Wohltat.
Sonnenuntergang.
Die Grillen zirpten, Kuckkucks riefen, Vögel zwitscherten…
Hier komme ich gerne wieder hin! Versprochen

12.5.2019
Ich will zeitig in Kladovo sein. Wollte aus privaten, organisatorischen Gründen, ein geschäftliches Anliegen in Köln, telefonieren. Sollte in der Mittagszeit erreichbar sein, brauchte dazu Internet, in einem Kaffee sollte ich Wi Fi, ein freies Wlan netz finden.

Da es schnell gehen muss, erspare ich euch die detaillierte Beschreibung des Frühstücks, die Vielfalt, den Palatschinken, die Obstauswahl etc etc etc.

Von Denji Milanovac nach Kladovo
Es ist die Strecke am „eisernen Tor“ vorbei. Die Donau verengt sich, Rumänien ist zum greifen nah, der Fluss zwängt sich durch die schroffen Felsen.
Bei der Abfahrt gesellte sich ein Hans aus Österreich, wir trafen uns alle vor Veras und Jörgs Pension, noch zu uns.
Die Fahrt begann locker, die Gespräche zwischen durch sorgten für Kurzweil, die Berge ließen sich leicht nehmen. Wir staunten noch gemeinsam über die Schönheit der Natur, schossen noch ein paar Bilder, standen zum Gruppenbild zusammen, dann musste ich aber langsam los. Die Zeit drängte, ich ging nicht mehr mit den anderen Dreien zum Fluss runter, sondern machte mich, von nun an wieder alleine, auf den Weg nach Kladovo zu meinem angesprochenen Telefonat.

So genug geschrieben. Es ist der 13. Mai 2019 heute. Mein Ruhetag, vor allem aber auch Wäschewaschtag, was mir von meiner Pensionswirte, für wenig Geld, abgenommen wurde.
Ich will jetzt noch mal mir ein bisschen den Ort, vielleicht auch die Festung, oder einige der römischen Fundstücke, anschauen.

Ich mache mir oft Gedanken, wer die Menge (1248 Wörter bis hier hin) liest. Ich komme nur alle paar Tage zum schreiben, und nur alle paar Tage zum hoch laden der texte und Bilder. Seit so nett, wenn es zu viel ist, teilt es euch auf. Und habt Spass. Ich hoffe, dass mein Tagebuch für euch ein bisschen für Kurzweil sorgt.

Seit umarmt.