Montag 9.September 2019 25/29 Pamir
Aufbruch zum Ak Baital Pass
66,84km 5:26 Std., 12,26 Durchschnitt 740 hm • auf 4280 m
Es musste ja irgendwann weiter gehen. Unbeachtet wer an diesem Tag alles wann und ob überhaupt startet, habe ich in Ruhe meine Sachen gepackt, zu dem regulären Frühstück im Hotel noch eine Portion Müsli verputzt, 6 Liter Wasser gebunkert und ein letztes Mal eine Nachricht, da meine Simkarte zudem ausgelaufen ist, nach Hause geschickt, dass ich starten werde.
Ich liess es langsam angehen. Wollte von Anfang an meine Kraft sparen und einteilen.
Drei Franzosen sind mit mir unterwegs, Herve, Phillipe und Francis.
Zu Beginn entsprach ihre Geschwindigkeit meiner, wir tranken bei einer kurzen Pause einen Kaffee zusammen, aßen bei einer weiteren Pause unser Mittagessen.
Die Italiener mit dem Tandem schlossen auf und fuhren bald auch schon weit voraus.
Es war spannend wieder zu fahren, endlich dachte ich, die Berge, die Landschaft motivierte mich zudem.
Doch die Anfangseuphorie lies irgendwann auch nach. Die Höhe, wir waren auf ungefähr 4000 m, spürte ich. Die Atmung ging schneller, die Gänge wurden kleiner gewählt, ich wurde langsamer, Rampen machten mir immer mehr zu schaffen.
Die Abstände zu den Anderen wurde immer größer.
Wind kam auf. Gegenwind, eiskalt. Immer ab Mittag kommt der Wind auf, unerbittlich und hart.
Bei 55 Km, der gefahrene Abstand von Murghab, sollte noch ein geeigneter Campingspott sein, Wasser durch einen kleinen Fluss zu Verfügung stehen.
In der Ferne sah ich die Franzosen, dass sie ihn nicht wählten, weiter fuhren.
Ich hätte den Platz genommen, ihn akzeptiert, auch wenn mein Tagesziel auf ungefähr 65 Km lag, hätte ich mich gerne, in der Gemeinschaft, müde und um mich nicht weiter zu überfordern, dort niedergelassen.
Sollte ich ihnen nachfahren?
Ich tat es und bereute es nach wenigen Kilometern. Die Höhe, die Kälte, der Gegenwind, der Weg stieg steig an, ich schnaubte, musste oft stehen bleiben, durchatmen, ausruhen. Ein weiterer Pullover, ein weiteres Halstuch, Mütze und Kapuze der Daunenjacke, die Regenhose zum Windschutz und ein weiteres paar dicke Socken musste ich anziehen.
Spürte Tränen in meinen Augen vor Erschöpfung, die Härte, die Not und den Willen trotzdem den nächsten geeigneten Zeltplatz zu erreichen, machten mich traurig und trieb zu Besorgnis und doch spürte und empfand ich eine Hand auf meiner Schulter, einen Willen, weisend, Mut gebend und bestärkend weiter zu fahren, weiter zu kämpfen, durchzuhalten.
Ich musste einen Platz finden. Ich konnte nicht mehr. Er sollte etwas von der Straße abgelegen sein, Wasser bieten, Wind geschützt sein.
Von den Anderen war niemand mehr zu sehen, der Himmel verhangen, Schnee lag in der Luft, die Sonne wurde schon von den ersten Bergrücken verdeckt, die Temperatur sank zu nehmend merklich.
Es gab keine ruhigen Ecken mehr, die Bäche ausgetrocknet, Geröllfelder, steinig, Abhänge.
Gegen den Wind, in der Höhe, kam ich teilweise nur noch in kleinen Schritten voran, ausgelaugt, mal waren es ein paar hundert Meter. Sieben oder acht Kilometer fuhr ich vielleicht noch in einer Stunde.
Der Blick fiel immer öfter auf meinen Tacho, bei 60 km, 62 km, die nächste Wasserstelle sollte bei 65 km sein. Doch es war auch nur ein weiteres ausgetrocknetes Geröllfeld.
Mir reichte es. Ich gab es auf zu den Anderen auf zuschließen, Wasser zu finden, mein Rest Wasser, 1 Liter den ich noch hatte mussten reichen, für Abendessen und Frühstück.
Ich wurde über den Tag, über meine 6 Liter die ich mitschleppte, oft belächelt.
Es stand fest, wenn ich kein Wasser vor dem Pass, am nächsten Tag finden sollte, war der Pass nicht mehr zu fahren, für mich nicht mehr erreichbar, müsste ich abbrechen.
Auf einer flachen Brücke, ich wollte meine Position bestimmen, sah ich in dem ausgetrockneten Streifen Reifenspuren hinunterführen. Intuitiv rief ich – Hee – Hee – Hallooo.
Aus dem Schatten unter der Brücke trat Stefano hervor. Er und die drei Franzosen hatten sich unter die Brücke verkrochen, bauten ihr Lager gerade auf.
Die letzte Stunde vor der Dunkelheit, erschöpft, fertig, müde, nutze ich so schnell, routiniert und zielgerichtet wie ich es nur noch konnte. Das Zelt aufbauen, das Lager richten, eine kleine Suppe kochen, Nudeln hineingeworfen, gegessen, ins Zelt gekrochen, Taschenlampe, Brille, Wecker in Reichweite meines Hände gelegt, warme Sachen wenn es arg kalt werden sollte heraus gelegt, Ohropax rein, hingelegt, es wurde dunkel, die Franzosen plärrten noch einwenig, Stefano schlief und schnarchte schon, drehte ich mich um. Es war dunkel und 19:00 Uhr
66,84km 5:26 Std., 12,26 km/h Durchschnitt 740 hm • Schlafplatz auf 4280 m