28.7.-30.7.2019
Hin und wieder schlendere ich durch Samarkand,
blicke in Hinterhöfe,
sehe die Menschen verweilen, reden, an ihrem Haus schaffen, Essen vorbereiten, Tee trinken.
Die für den Tourismus, die breite Masse vorbereiteten Plätze, Medrassen, Mausoleen und Moscheen, die neu gepflasterten Wege, Alleen gleich, gesäumt mit jungen Bäumen und kräftigen immer durstigen Gras, Hauptachsen durch einen Knotenpunkt der Seidenstraße, steuere ich hin und wieder an.
Ich komme mir seltsam fremd hier vor.
Hunderte wenn nicht tausende Usbeken, Einheimische, bestaunen, besuchen mehrheitlich die Sehenswürdigkeiten, die auf gefrischten, rekonstruierten Überbleibsel aus den letzten fünf Jahrhunderten.
Der Tourist, der Besucher wird genauso bestaunt, mit Blicken verfolgt, angesprochen, „Hey Mister where are you from, whats your name“?
Lange Zeit verbringe ich in meinem Hostel, lasse die Mittagshitze, das schlechte, grelle, steile Licht vorbeiziehen, für ein paar Photos die ich gerne machen möchte, Momentaufnahmen, von meiner Stimmung beeinflusst, versunkene Gedanken und Gefühle.
Der zentrale Innenhof, Zuweg zu allerlei Kammern, Räumen, der Küche, dem großen, für fast alle Platz findenden Esstisch, Treppen zu weiteren Schlafzimmern, zarte Bäume mit großen Blattwerk, Weinreben, ein paar Sträucher füllen einen großen Teil in der Mitte des stillen Refugiums aus, ist der hauptsächliche Verweilort der Reisenden, der Fahrradfahrer und Rucksackreisenden.
Es wird immer Tee gereicht, Chai, grüner, schwarzer.
Das Internet ist langsam, sehr langsam. So langsam, dass ich nicht an meinen Blog arbeiten, meine Tagebucheinträge nicht selbst hoch laden kann.
Ich höre, erfahre Geschichten aus meiner Heimat, aus meiner Nachbarschaft. Umstände, Geschehnisse, Entwicklungen. Unaufhaltsam so scheint es.
Zwei Freunden, alte Bekannte, Freunde, väterliche, geht es schlecht. Hilflos, sprachlos sitze ich hier, morgens beim Tee, abends beim Bier, bin mit meinen Gedanken, Wünschen und Segen bei Ihnen, trockne still meine Tränen. Es macht mich betroffen, es stockt meinen Atem. Fühle mich ohnmächtig. Ich kann nichts tuen, nicht helfen, nichts ändern. Zwei. Zwei Männer leiden, kämpfen gleichzeitig, haben Hoffnung, kennen sich nicht.
Ich habe sie beide lieb gewonnen. Bin dankbar sie zu kennen, kennen gelernt zu haben, zu wissen dass ich in ihren Herzen einen Platz habe. Es bedrückt mich.
Jetzt sitze ich hier in Samarkand, stehe vor der Einfahrt nach Tadschikistan, vor dem Pamir, vor einem zentralen Punkt meiner Reise, vor drei Monaten war es noch unfassbar weit weg.
Meine Fahrt stockt. Es ist nicht schlimm, ich habe etwas Zeit, habe durch die Fahrt mit dem LKW viel Zeit gewonnen.
Ein Umstand der mich auch zum weiteren verweilen veranlasste, Erlangung des pakistanischen Visum, es ist online zu bekommen, die Applikation, das Auftragsformular ist aufwendig. Ich hatte Schwierigkeiten, es war undurchsichtig, letztendlich nach drei Tagen habe ich es bewältigt, den Antrag abgegeben, bezahlt. Nun warte ich nur noch auf die Antwort.
Meine Gedanken kreisen.
Haben wir bewusst gelebt? Sind wir unserem Herzen gefolgt? Haben wir das was wir sagen wollten, gesagt? Haben wir das was wir tun wollten getan?
Fragen die ich mir damals auf meiner ersten Reise Richtung China oft gestellt habe.
Fragen die ich mir, dem Leben, meiner Familie, meiner Partnerin damals nicht oft genug gestellt habe, zu selten dran gedacht, dessen Antworten vieles verändert gehabt haben könnten.
Erkenntnisse, Antworten, Einsichten darauf, die ich auf dem letzten Pass des Pamirs vor der Einfahrt nach Kirgistan, rückblickend, erfahren habe, glaube verstanden zu haben.
Eine Antwort.
Es läuft einem nichts länger nach als eine verpasste Gelegenheit. Eine Gelegenheit jemanden in den Arm zu nehmen, sich zu entschuldigen, jemanden zu sagen dass man ihn liebt, für jemanden da zu sein, Fehler gemacht zu haben, jemanden zu vermissen.
Vertane Zeit.
Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen. ~ Lucius Annaeus Seneca. Die Zeit heilt alle Wunden, aber sie ist eine schlechte Kosmetikerin.
~ Mark Twain
Ich lese viel.
Eine tragische Geschichte, eine sozial Studie, wortreich, gewaltige Bilder, dramatische, traurige und erschreckende Begebenheiten, menschliche Eigenarten.
Es legt sich auf meine Stimmung. So kommt, passt, fügt sich das eine zum anderen.
Ich schreibe.
Ich schreibe weil es mir hilft zu verstehen, es mir hilft zu verarbeiten, meine Gedanken zu sortieren.
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