Am Sonntag den 16. Juni machte ich mich auf und fuhr ins Landesinnere nach Khutassi, machte nach dem Küstenstreifen, von Batumi nach Ureki, neue Erfahrungen.
Georgien in Eurasien ein Staat zwischen Europa und Asien, in Transkaukasien. Ein Land auf der Grenze vieler alter Kulturen. Umgeben von Russen, Georgiern, Armeniern, Abchasen Aserbadjschaner, Lasen, Juden, Kurden, Deutschen, Kaukasiendeutsche, Schwaben die Anfang des 19 Jahrhunderts sich ansiedelten, und vielen mehr.
Zar Alexander 1 aus dem Hause Romanow-Holstein- Gottorp verheiratet mit einer Sophie von Württemberg, alle mit deutschen Wurzeln, erlaubte ihnen überzusiedeln, wies ihnen Flächen zu, mehrere deutsche Städte, Siedlungen entstanden.
Es ist wirklich spannend hier. Es ist ungemein vielseitig, kulturell, geschichtlich, Menschheitsgeschichte, Spuren frühester Menschheitsgeschichte, Eisen und Steinzeit, die mich fasziniert, über 10000 Jahre alte Funde, geographisch, von einem subtropischen feuchten Klima im Westen, fruchtbare Böden, dichter Wälder, zugewachsenen Urwald gleich, durchziehen steile Berge das Land, einsame Höhen mit abgelegenen, tiefen Täler, unwegsam, schließen im Osten trockene großen Steppen an.
Tiere, Nutztiere, Schweine, Ziegen laufen frei umher, Kühe stehen auf den Straßen, mitten im Verkehr in einer stoischen Ruhe, grasen am Wegesrand, in den Wäldern, zwischen den knochigen Eichen und dünnen Buchenstämmen, verweilen im Schatten, legen sich in den kühleren, verkehrsreichen Tunneln, der Sommerhitze entfliehend, mitten auf die Fahrspur.
Im Westen das Reich der Früchte, reife, vollfruchtige, frische und Gemüse, organisch, in kleinen Mengen, immer und überall an Straßenständen, Märkten ein unglaublicher Geschmack, ein Genuss, Sonnenverwöhnt, festes Fruchtfleisch, vollreif.
Tomaten die ihren Namen verdienen, Salatgurken, Melonen und derzeit Kirschen, Kirschen, Kirschen, gelbe, gelb rote und tief rote Kirschen. Kein Kribbeln auf der Zunge, keine Allergien erfahre ich hier, die Aprikosen, Pfirsiche hinterlassen nur Freude, Genuss und zärtliche Erinnerungen an die abgerundete Süße, der Saft der nach einem freudigen herzhaften Biss mir am Kinn herunter rinnt.
Hier startete ich meine neue Etappe.
Dazwischen Weinbau.
Sie lieben den Wein. Seit 7000 Jahren. Kachetien, Kartlien, Imereitien, Ratscha Letschchumi Namen der Weinbaugebiete die ich mir nicht merken kann. Aber an die Trauben, der Traubensaft, der Wein der auf der Zunge und Gaumen lange in Erinnerung bleibt.
Es herrschen perfekte klimatische Bedingungen.
Das war nicht leicht heute. Manchmal, das möchte ich gerne eingestehen, habe ich ein mentales Problem vor größeren Etappen. Anders ausgedrückt- ich mache mich selber jeck.
Die Bedingungen waren gegeben. Eine Strecke von ca. 100 Kilometern lagen vor mir, 350 Meter bergauf, trocken, alles Asphalt, 30 Grad Celsius.
Genuss kostet und hinterlässt Spuren. Der Genuss kostet Kraft. Ich liege bei knappen 110 Kilogramm, gut verteilt, fette Waden, nett von den 3000 Kilometern definiert, nicht allzu dicken Oberschenkeln, das war vor 25 Jahren mal anders, einem zarten Bauch, und einem sehr schönen Rücken. Mein Gepäck schätze ich auf ca. 38 Kilogramm, das Rad 17 Kilo, plus Getränke ( davon habe ich reichlich gebraucht- gute 7 Liter) und etwas Essen nehme ich meist mit.
Eigentlich lief es. Ich machte mir nur gestern zu viel Gedanken, schlief schlecht und die Stimmung war heute morgen mies – ich hatte keinen Bock.
Und dann setzt du dich trotzdem drauf (ich) und rollst los- nach 5 Kilometern war alles im Tritt.
Zum Schluss war der einzige Fehler nur- im Schnitt war ich für den Tag zu schnell.
Die Sonne, die Hitze, man schwitzt, man laugt aus.
Zwei Pausen gab ich mir, die ich dringend brauchte, etwas aß, viel trank, Luft schnappte, durch atmete.
In Khutaissi angekommen, platt, aber mit der Leistung sehr zufrieden, schmiss ich mein Gepäck in ein Zimmer, buchte es für 2 Nächte, ging duschen und dann raus an den Rioni. Ein wilder Fluss, grau von den Sedimenten, rauscht er kräftig und ungestüm durch den Ort, ich betrachtete ihn, etwas ehrfürchtig, beeindruckt von der Geschwindigkeit, strahlt er mit seiner Kraft und beständigen Drang vorwärts zu kommen eine Ruhe, die ich spürte, mich durchdrang, aus.
Ein Tag Pause in Khutaissi
Die Weiterfahrt, sollte kurz sein, sollte mich nur an den von mir gefürchteten Rikoti Pass mit 960 Höhenmeter, extremen Steigungen heranführen, 45 Kilometer kurzer entspannter Anfahrt bis nach Sestafoni bringen.
Was man auf 45 Kilometer alles erleben kann, ist kaum zu beschreiben.
Es wurde in den letzten Jahren eine Autobahn zwischen der Küste und Tiflis gebaut. Wie weit sie gediehen ist, ob vollständig oder nur Teilstücke fertig sind weiß ich nicht. Auf meiner Route, mit meiner Navigations app errechnet, endete meine Straße vor der Autobahn in einem Feldweg. Es begann eine fast dreistündige Fahrt über Feldwege, Flussbetten und Geröllpisten. 32°C, staubtrockene Pisten.
Und dann bemerkst Du irgendwann dass die Navigation Dich Umwege, zusätzliche Rampen, und extra fette Gerölltrassen fahren lässt.
Eine feine, glatte Betonstraße querte meinen Weg. Ich wurde aufmüpfig. Es war eine Rebellion gegen die Maschinen, gegen die Computer, das Gefühl einer wieder erwachten Macht bestärkte mich. Mutig bog ich ab. Ignorierte jedes Gemeckere, – sie haben die Tour verlassen – orientierte mich nur nach der Himmelsrichtung, den parallel laufenden Bergrücken, und Eisenbahnlinie, fand instinktiv auf die alte Bundesstraße und fuhr stolz und beruhigt auf mein angestrebtes Ziel Sedafoni, ohne Schlaglöscher und Flussbetten zu, ersparte mir so einen kleinen unbedeutenden Schreikrampf.
Der Wein kommt mir entgegen.
Die Pension, hoch am Hang gelegen, eine letzte Rampe über 12%, ich steige ab, schnaufe, schiebe das Rad entpuppt sich als kleines herrschaftliches Haus, einem kleinen Weingut, es sind Weinliebhaber, Winzer.
Übernachtung für 2 Personen, 16,-€, Abendessen 14,-Lari, Frühstück 8,-Lari, Glas Wein 2,- Lari der halbe Liter 4,-Lari ( wir erinnern uns…3 Lari sind 1,-€)
Hier bleibe ich.
Werde schreiben, lesen und mich weiter um mein China Visum, einer Aufenthaltsbegründung in Georgien für die chinesische Botschaft arbeiten.
Mir den Weinkeller anschauen, die Weinberge, etwas über die Trauben, den Ausbau, die Vinifizierung erfahren und hoffentlich nachher auch im Fluss schwimmen gehen.