von Mölln nach Köln – Skandia Bericht 2 + 3

Skandia 2
20.11.2020

Stürmisch war der gestrige Abend noch, regnerisch die Nacht, die Standheizung rauschte leise, auf halbe Kraft, blubberte vor sich hin, erwärmte die Skandia zu milden Temperaturen, erträglich frisch.

Hunderte Gedanken, kamen, gingen, schossen mir in der Nacht noch durch den Kopf. An was muss ich denken, auf was muss ich noch achten, Öltemperatur, Funk einrichten, Funktionstüchtigkeit der neuen Toilette, gps Signal, war der geschriebene Text gestern gut? Konnte ich all meine Aufregung zum Ausdruck bringen? und vieles mehr, würde ich mich mich am Morgen noch an alles erinnern?

Freitag morgen 7:00
Langsam brach die Sonne durch, Möwen, viele duzend, sie verbrachten ihre Nacht neben uns auf dem Steg, wachten mit uns auf, schrieen erregt, weckten mit den ersten Sonnenstrahlen ihre Artgenossen und uns.
Strahlend blau der Himmel. Ein guter Tag die Reise zu beginnen.

Paul freute sich, die Nacht über war er still, schnarchte leise vor sich hin, jetzt wurde er lebhaft, herzlich stupste er uns an, gab seine Einwilligung zum Aufstehen, Tür öffnen, spazieren gehen und pinkeln.
Ich wollte erstmal einen Kaffee.
So unterschiedlich sind die Bedürfnisse an Bord.

Viertel nach Zehn, mit fünf Knoten, das erste Ablegemanöver klappte reibungslos, knappe zehn Stundenkilometer schnell, bei nur tausend Umdrehungen geleitete die Skandia, zu viert, wir starten mit dem ehemaligen Eigner und seinem Vorschoter zusammen aus dem Möllner Ziegelsee in den Elbe Lübeck Kanal.

Zwei Schleusen und 39 Kilometern weiter erreichen wir, mit unseren Leistungen und Nervenstärke zufrieden Lauenburg.
Schade dass wir so wenig Zeit haben. Zuwenig Muße für die Altstadt. Morgen früh soll es schon frühzeitig weitergehen, die Elbe überqueren und zum Schiffshebewerk. Die Anspannung ist noch nicht gewichen, Bilder der Kanalfahrt, von der sich leise nähernden Nauticat aufgeschreckten aus den Schlaf gerissenen Enten, schnatternd, mit den Flügeln hektisch schlagend, wie sie vor uns starteten, aus dem bleiernden ruhig stehenden stillen Kanal mit ihren Flügeln die Wasserfläche in der tiefstehenden Sonne zu tausenden klaren, glitzernden, herumfliegenden glänzenden Diamanten aufschlagend und sich lauthals über die Ruhestörung beschwerend davon machten.

Wir werden noch ein paar hundert Kilometer vor uns haben, ich weiß noch nicht welches Bild mir morgen imponiert, an welches ich mich morgen gerne erinnern werde.

Heute liegt die Nauticat in Lauenburg. Wir aßen gemeinsam, tranken unser Anlegebier, genossen noch eine der letzten alten Flaschen Riesling aus eigener Manufaktur und erzählten uns ein paar Anekdoten, lachten über Sonderlichkeiten der Politik, der Werft und komischer Ansichten.
In einem waren wir uns einig- wir brauchen mehr Respekt der Umwelt, den Tieren, den Eigenart mancher gegenüber und überhaupt wo wird uns das alles hinführen?

Draußen friert der Steg.

Habt ihr den Mond gesehen? 21:00 Uhr? Tief gelb, fast rötlich, sehr groß und ganz ganz tief stehend!
Direkt hinter der Einmündung zur Elbe- zum greifen nah.
Wunderschön
t

Skandia 3 vom 21. November 2020

Der Schiffsarzt und der Vorschoter haben das Schiff verlassen. Gebt Ihnen keine Unterkunft und nichts zu essen nichts zu trinken. Wir werden das Anker- das „Anlege-Bier, vier Flaschen, jetzt ohne sie trinken.
Ich fange schon mal an.

Die Bug Kabine ist jetzt frei! Vorschoterin gesucht.
Gerne nehmen wir eine heimatlose junge Frau zum mitreisen auf, sie muss den Palstek können, leichte Anlegemanöver, darf uns nicht den ganzen Schnaps wegtrinken und sich nicht selbstständig aus dem Webeleinstek befreien können.

Ich beginne mit dem zweiten Bier.

Das war ein Tag! Ein bisschen trübe, die Sonne kam nie wirklich richtig raus, leichter Nieselregen, wenig Verkehr, und die Stimmung an Bord war bedächtig, einwenig verhalten. Gut, ja trotzdem, aber das große Schiffshebewerk, mit 38 m Hubhöhe, lag vor uns, heute lag es vor mir, es war mein Part die Skandia in diese riesige Wanne, hinter einem Container Schubschiff, zu fahren, an unzähligen armdicken Stahltrossen hängend, eine respekteinflößend architektonische und Ingenieur Meisterleistung, dort werden Schiffe mit hundert Metern Länge in einer Bütte voll Wasser gehoben.

Das wollten alle einmal erleben, mit erleben, und mit diesem Fahrstuhl hochfahren. Es gab sich niemand die Blöße zu kneifen, und es wurde auch stillschweigend, dem eigenen Unbehagen anerkennend, nicht gestichelt, das einer nicht übers Heck hinaus, nur noch von einem Stahlseil gesichert, wenige Meter vor der dem Abgrund, der begrenzenden Schleusenwand schützend, blicken wollte.

Leider war die Fernsicht von leichtem Nebel und Wolken etwas getrübt, doch in dem Moment wo sich der Blick mit zunehmender Höhe weitete und das Gefühl sich mit einem Schiff, in einer Wanne gefühlt mit einem weiteren Containerschiff, voller Leichtigkeit in die Höhe begab, war atemberaubend.

Morgen geht es bei der nächsten Schleuse, Uelzen, nur 22 m in die Höhe. Aber das ist ein Schacht, der geflutet wird, nass, dunkel, steil und wir werden nur noch zu zweit sein, die Skandia mit losen Leinen daran zu hindern durch die Strudel, Strömungen und Sog gegen Schleusenmauern, Frachtschiffen, und Tore gerieben zu werden.

Ich mache jetzt das dritte Bier auf.

So macht man sich Mut, oder verdrängt, und bekommt auch Appetit auf das Abendessen, dass ich noch in unserer Kombüse, neben dem Salon zubereiten muss.

Soljanka soll es geben.
Prost – das letzte Bier kann jetzt weg

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