1. September 2019 Pamir

1. September 2019 17/29 Pamir
Jelondy – Homestay – Alikhur Shokhrona homestay • 3880 über Meer • erste Nacht
0 km

Die beiden Shawn, Steward, der Ire und der Engländer „aus Vancouver“ wollten den Pass heute fahren.

Sie kochten abends, morgens ihr eigenes Essen im Freien, aßen auf dem Mäuerchen.

Ich kroch langsam aus meinem Zelt, sah die beiden noch beim packen, motiviert, sie wussten was für ein Pass auf sie zu kommen würde. Ich hatte keine Zeitnot, musste nicht, um vor ran zu kommen, pünktlich auf. Konnte mich strecken, frühstücken und dann langsam packen.

War es richtig abzubrechen, der Entschluss die nächsten Kilometer einen LKW zu nehmen, über den ersten Pass mit über 4200 Meter, war es feige, war es weise?

Ich bereute es einwenig.

Ich schob mein Rad beladen an die Straße, viele Fahrzeuge kamen nicht vorbei. Der dritte LKW hielt an.

Der Fahrer wollte mir verständlich machen, dass er das Rad nicht transportieren könne. Der aufgeladene Container leer, der Boden Fingerdick mit Staub, Kohlenstaub und Schmutz bedeckt, keine vernünftigen Befestigungsmöglichkeiten seien vorhanden.

Sollte ich ihn ziehen lassen, hoffen dass ein anderer kommt. Sie würden alle gleich sein, leere, schmutzige Seecontainer gleich. Sie fahren leer nach China, kommen voll beladen zurück.
Aber der Fahrer, zuerst skeptisch, dann doch hilfsbereit, sich der Umstände bewusst, konnte sich arrangieren.
Das gute Gepäck, Kamera, Laptop, Wäsche, drei Taschen kamen nach vorne ins Fahrerhaus, die drei letzten Taschen, Zelt, Küche, Nahrungsmittel band ich alle auf eine Seite des Rades, legte es drauf und vermied so dass es bei der Rüttelei auf den Boden schlagen konnte.

Es ging los. Mit einem LKW zum Pass, über eine Hochebene, nach Alikhur.

Atemberaubend das Panorama. Mit stetiger Höhe kam man den Gipfeln immer näher.

Nach 10 Kilometer, kurz bevor der Asphalt abbrach, hielten wir, stieg der Fahrer aus und deutete an dass das Rad irgendwie zusätzlich fixiert werden müsste. Ein breites Band, das über den Boden gespannt wurde, sollte das Rad auf den Boden zwingen.
Wir überholten die beiden, morgens gestarteten, Radler, ich sah sie noch wie sie, motiviert, in die nächste Rampe einstiegen.

Dann musste ich mich auf die Straße konzentrieren.
„Gott“ (was für ein mir seltsam vorkommender Ausdruck des Erstaunens, der Dankbarkeit und des Erschreckens)
Gott was war ich froh im LKW zu sein.
Auf 30 Kilometer ging es steil hoch, die Straße übersäht mit Steinen und Geröll, Schlaglöcher und Bodenwellen. Im Kriechgang kämpfte sich der LKW hoch.
Ich hätte bei bester Gesundheit es nicht geschafft diesen Pass zu bezwingen.
Es war eine Materialschlacht. Harte Stöße, der Wagen ausgelegt für viele duzend Tonnen Zuladung, jetzt leer, übertrug jeden Schlag, jedes Loch unbarmherzig, direkt, ungefedert auf Chassis, Rahmen, Fahrer und Fracht.
Ich rechnete mir aus das gute Radler, mit wenig Gepäck, unter größtem Aufwand es vielleicht in 2 Tagen bis nach Alikhur schaffen könnten. 8 bis 10 Stunden für die ersten 50 Kilometer.

Alikhur.

Ich konnte den Fahrer, dankend, belohnend, leider nicht mehr zu einem Essen, zu einem Chai bewegen.
Jetzt stand ich vor dem Ort der mich damals so tief beeindruckte.
Das Restaurant, eine Gastniza, eine einfache Gaststätte am Ortsanfang, in das ich vor 8 Jahren ausgehungert, ausgemergelt, durstig fiel, ist etwas umgebaut worden, die Betten sind herausgeräumt, etwas von dem Charme vergangen.
Das Marco Polo homestay mit bathroom, ist geschlossen worden, der Schriftzug übermalt,  mein Handtuch, das ich vor 8 Jahren dort vergaß, nun endgültig aufgegeben.

Ich quartiere mich im Shokhrona homestay ein.
3 Frauen betreiben es neben ihrem tagtäglichen Werk. Mutter, vielleicht Schwester oder Schwägerin und eine Tochter, kümmern sich.
Es gibt kein Badezimmer. Es gibt ein Klohäuschen auf der Straße, nachts, dunkel ohne Licht, im Winter eiskalt.
Hände kann ich mir in der Küche waschen, eine Art großer Dröppelminna über einem Waschbecken steht in einer Nische.
Strom gibt es keinen.
Mein Schlaf- und Wohnbereich ist im Anschluss an die Küche. Abends werden die Matten von einem Stapel geholt, ausgelegt, Decken hervor geholt, der Ofen einmal gestartet und angebrannt, Tee serviert.
Abendessen um sieben, Betten bauen um acht, Schlafenszeit für alle um Neun.
Wenn man noch mal auf Toilette muss, geht es durch die Küche an den drei schlafenden Frauen vorbei.
Ach.

Und plötzlich standen nachmittags der Engländer und der Ire vor mir.
Tourabbruch. Magen verdorben. Körperlich am Ende mussten sie auch einen LKW anhalten.

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