2. September 2019 Pamir

2. September 2019 18/29 Pamir
Alikhur Shokhrona homestay • 3880 über Meer • zweite Nacht
3880 über Meer.
0 km

Na gesund ist anders. Ich fühle mich schlapp, gerädert.
Also langsam treten, Tee trinken.

Ich stattete den beiden Shawn und Steward einen Besuch ab. Shawn liegt flach. Gehe mit Steward auf einen Spaziergang durch den Ort.

Ich wollte heute etwas über das Leben der Tadschiken schreiben. Pamiries, Usbeken, Kirgisen, Tadschiken die hier in dem Land leben.

Etwas über ihr Leben, ihre Einstellungen, die Arbeit, die Umstände, das Patriarchat, das Selbstverständnis im Umgang. Die Kinder die mitarbeiten, eingesetzt werden, Wasser holen, schleppen, Tiere hüten, Gras mähen, Mädchen die im Haushalt mit kochen, putzen, waschen, Betten bauen.

Es gibt für den ersten Einsatz keine Altersbeschränkung, nur ein Selbstverständnis.

Die Landschaft hier oben, nun auf 3800 bis 4200, das Dach der Welt, karg, entbehrungsreich, einfach, schwierig. Es gibt ein paar Tiere, Kühe, Schafe, Ziegen. Das Land ist kahl gefressen, überweidet.

Eine Wasserversorgung besteht. Es gibt ein paar Brunnen, ein paar Bäche, Rinnsaale.

Es gibt ein paar Schulen, die Kinder gehen adrett in Schuluniform, blaue, Mädchen mit Zöpfen und Spangen, weißen Püscheln, Blusen, Jungs in Anzügen und Krawatten, die Landesfahne aufgestickt. Es gibt ein Schulprogramm, Essen für Unterricht.

Wir fahren, radeln, gehen hier über das Land, staunen, erfreuen uns an der Landschaft, den pittoresken Dörfern, den alten Autos, wunderschöne Photomotive, Bergpanoramen, ziehen vorbei, fahren weiter, suchen das nächste Funknetz, Internet, warme Dusche und sind stolz da durchgefahren zu sein.

Das war hart sagen wir. Das war hart. Das war die härteste Tour, Etappe, Tag sagen die Reisenden, sitzen in Hostels zusammen, gut behütet und versorgt, trinken Bier, stossen an, gucken auf ihr Telefon, stellen Vergleiche zu anderen Reiseziele, empfehlen andere Hostels, da gibt es gutes Wifi, kaltes Bier, warme Duschen.

Gestern zog ich mir zum zu Bett gehen meine Socken aus, sah, die Füße schwarz von Staub und Dreck bedeckt. Die Wäsche, denke ich, ist noch gut, die hält noch ein paar Tage.
Die Familie die mich aufgenommen hat, versorgt, umsorgt hat kein Badezimmer, es gibt kein fließendes Wasser, kein Strom. Die Nachbarn haben das auch nicht.
Alikhur, kein kleiner Ort, knapp 300 Familien, ein Teil Tadschiken, ein Teil Kirgisen, hat kein Strom und hat kein fließendes Wasser.
Man fragte mich was willst du in einem Ort wie Alikhur oder in Karakul? Da ist nichts.
Ja, da ist nichts. Und doch. Da sind die Pamiries, Usbeken, Kirgisen, Tadschiken, da leben sie, so leben sie. Da ist der tadschikische Alltag
Atmosphäre atmen, eintauchen, kennenlernen, zulassen, erfahren.
Bleiben, länger bleiben. Kennenlernen. Wissen. Verstehen. Einfühlen.

In manch einem Hostel mit Bier, Musik, Wifi, Internet mitten im Land, ist man so weit weg von dem Land, das man bereist, wie es nur in einer Kunstwelt geht. Man sieht Reisegruppen die Tausende Kilometer angereist sind um über das Dach der Welt zu fahren, hetzten von einer ein bisschen besseren Pension zur nächsten. Erste Frage gibt es Internet.

Doch die Welt, die Realität ist vor der Türe, ist auf der Straße, ist in den Häusern.

Ich bleibe gerne ein paar Tage mal in einem homestay wie das Shokhrona.
Sehe wie die Kühe abends frei zum Stall kommen, gemolken werden, die Butter geschlagen wird, die Sahnecreme abgeschöpft, der Ofen, der Herd mit getrocknetem Kuhmist geheizt, stolpere nachts durch die Küche, über die drei schlafenden Schaffenden zum Klo und suche im Dunkeln das Loch.
Tadschikistan kennenlernen oder durch fliegen.

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