Category Archives: die 5te Etappe – Pakistan

2. Oktober 2019

Mittwoch  den 2. Okt. 2019

96 Kilometer bis nach Gilgit, 1700 Höhenmeter. Der Himmel verhangen, die Temperatur ist um 20°C auf 8°C gefallen, es wird sich auch die nächsten Tage nicht ändern, sollen wirklich die schönen Sonnentage zu ende sein?

Ich werde mir noch einen Tag in dem teuren Laden hier gönnen – und mit einem bisschen Mut und Muße morgen starten, vielleicht auch nicht direkt bis nach Gilgit, sondern vorher mir einen schönen Platz in diesem traumhaften Tal suchen

https://www.tagesspiegel.de/kultur/rezept-fuer-ewige-jugend-im-tal-der-unsterblichen/10117380.html

1. Oktober 2019

Dienstag den 1. Okt. 2019

Vor kurzem schrieb ich dass ich mit meinen Photos nicht mehr zufrieden war, bin. Etwas fehlte, Ausdruck, Tiefe, Farbe, dachte sie sind langweilig, uninteressant, stumpfes Geknipse. Hatte ich keine Zeit zu schauen, keine Muse, kein Auge für das was mich umgab. Ich weiss es nicht.  Eines stellte ich fest, das Licht, das Licht ist stehts recht steil, die Sonne kommt spät über die Bergrücken, die Täler tief werden nicht von der tief stehenden, der auf- oder untergehenden Sonne erreicht, sie strahlt diffus oder steil. Ein schlechtes Licht, kontrastarm.  Mag es das sein, dass mich stört, das mir fehlte?

Geld
Seit Sost ist es schwer an pakistanische Rupien zu kommen. Die Geldautomaten nehmen nur lokale Bankkarten an, kaum Mastercard, Geldwechsel von Dollar oder Euro zu Rupien ist nur wenigen Banken vorenthalten, die nächste soll in Gilgit sein, weitere 100 Kilometer entfernt. Ich zahlte meine Übernachtungen mit Dollar und lies mir das Rückgeld in Rupien auszuzahlen.

Die Fahrt auf dem Yak Moped.
Das wollte ich ja gerne machen. Nach der Probefahrt mit der Honda mit Fell und Hörnern, sie hatte allerdings ein paar kleine Mängel, keinerlei funktionierendes Licht, Hupe, vorne gar keine Bremsleistung , hinten vielleicht 20 %, liess ich sie stehen und lieh mir ein neueres, besseres Modell der 125 ccm Honda um meine Erkundungen in Karimabad fortzusetzen.

Was denkt ihr, wenn man vor einem Bankschalter, in einer über 7 Kilometer entfernten Stadt, einem eine Frau, auffallend sympathisch, vielleicht zwanzig, oder mehr Jahre jünger, irritiert durch das plötzliche Gegenüber, ausrutschend, beinahe in die Arme fällt, lachend grüßt, einem ein „Wunderbar“ heraus fährt, der Moment, die Bilder sich tief festsetzen, man den Blick nicht vergisst und man über 2 Stunden später an einem ganz anderen Ort, nach dem Besuch der zweiten Burg, wir uns wieder auf das herzlichste grüßend gegenüber standen?

Ich konnte meine Verwunderung aber auch Freude darüber kaum verbergen.

Sie lachte, (Ihre Schwester, oder Schwägerin auch), verwies darauf dass das Geschäft mit Souvenirs, Schmuck, vor dem ich stand, ihres (oder ihrer Familie) sei und lud mich auf eine Tasse Tee ein.

Nichts lieber als das.

Es soll ja keine Zufälle geben, mit Bestimmtheit aber eine selektive Wahrnehmung, aber egal, es war eine wunderbare Erscheinung…

30. September 2019

Es ist Montag der 30.9.2019

Letzten Freitag habe ich China verlassen. Ist dazu noch was zu sagen?

Xinjiang wird von Peking bestimmt aber fühlt sich nicht chinesisch an. Es ist tadschikisch, Pamir, Seidenstrasse, zentralasiatisch…aber nicht chinesisch.

Die Bürokratie nervend, übertrieben, bedrückend. Spitzel, Kontrollen, Unsicherheit.

Sicherheitsmaßnahmen in Hotels, Kameras in Restaurants, Unterführungen, an Bushaltestellen und in allen Bahnhöfen… Schutzschilder, Rammspiesse, Abwehrkrallen, behelmte und mit Schutzwesten ausgerüstete Nachtwächter.

Wer sollte was hier wem wollen? Gegen wen würden sich welche Maßnahmen, Terrorakte hier richten?
Nicht zu erkennen, nicht zu verstehen? Einzig, wenn dann könnten einzelne Regierungsobjekte betroffen sein – und die werden beschützt, gesichert, sind ummauert, Stacheldraht bewehrt.

Es gab keinen Grund den Körper zu schonen, einen Pausentag einzulegen, ich sah schon die ungläubig (tolles Wort – in diesem Zusammenhang) schauenden Gesichter der begeisterten, abhängigen, radfahrsüchtigen Reisenden, vor mir, fragend, voller Unverständnis, wie viele Tage ich pausieren wolle.

Mag es jetzt ein Sakrileg sein, bin ich ein Pharisäer? Gehöre nicht mehr zu dem Stand der puristischen, Radreisenden, ein Verweigerer, abgewertet zum Reisenden mit Gepäck und einem Rad, ich wollte mehr von dem Land, von diesem Ort sehen. Ja, gerne. Gefühlt trat ich aus dem Stand der Kilometerfresser aus. 3 Nächte wollte ich mindestes bleiben.

Die Freundlichkeit, Offenheit, eine Willkommenskultur, bei allem Respekt, die Umgänglichkeit, auch die leichtere Verständlichkeit, die Sprachbarrieren fielen, Englisch ist weit verbreitet, öffnete, lud geradezu ein, mit diesem Ort zu beginnen einen kleinen Teil Pakistans zu erleben, zu verstehen, etwas mehr drüber zu erfahren, sich einzufühlen, zu schnuppern, die Atmosphäre die die Menschen, die Natur, das Zusammenspiel hier ausstrahlen einzuatmen.

Fussmarsch durch den Ort, rauf zum alten Kern, holprige steile Wege, gesäumt von kleinen Geschäften, Souvenirs, Bergsteigerausrüstungen, zur Residenz des Königs von Hunza. Begegnungen. Schüler, Touristen, Bewohner, Gewerbetreibende unterwegs.

Ich genoss den Ausblick, die Geschichte der Burg, der Residenz, an den Potala erinnernd, gebaut im tibetanischen Stil, enge niedrige Räume, Holz gefeuert, geheizt, Räume eins für alle und für alles, schlafen, essen, leben, sein, gemeinschaftlich.

29. September 2019

29.9.2019

Von Gulmit nach Karimabad

Noch kürzer die Strecke, hier wollte ich auch nicht vorbei fahren, diesen Ort wollte ich kennen lernen, Karimabad liegt weit an den Berg geschmiegt, steigt vom Flussbett mehrerer hundert Meter hoch, gekrönt von der alten Residenz des Königs des Hunza Tal, ist hunderte Jahre alt, unweit der heiligen Steine, frei stehende Felsen im Tal, mit steinzeitlichen Spuren, mit Petroglyphen übersät.

Das Hotel Old Hunza Inn, modernisiert, neue Bäder, gute Betten, saubere Laken, eine große Terrasse, der weite Blick ins Tal, das Panorama, WiFi, halbwegs gut, aber für eine Reise durch Pakistan, mehr als genug, überzeugte mich, ohne Kenntnis dass es auch billige Zimmer geben würde.

28.September 2019

28.9.2019

Himmlisch die Berge, Himmlisch die Fahrt, genussvoll, die gut ausgebaute Straße, sauber asphaltiert, es rollt schmiegt sich an die wilden Täler, an die Ränder der Berge, durchaus etwas anstrengend, bergig, folgt im leichten Abstand dem Hunza, dem Fluss der dieser Gegend den Namen gegeben hat.

Ich geniesse die Luft, den Blick auf die Natur, sehe die Menschen, sie lächeln, grüßen und freuen sich wenn Du ihnen zuwinkst, ihnen antwortest.

Ich fühle mich wohl, sicher, gut aufgehoben, willkommen.

Gerne möchten die Pakistanis Geschäfte machen, sie freuen sich über die Besucher, Tourismus, begrüßen sie höflich, sind nicht aufdringlich, sind respektvoll, hilfsbereit, ohne Dünkel.

Ein Geheimnis ihrer ausgeglichenen Ausstrahlung, Genügsamkeit, Dankbarkeit, vielleicht auch der Einfluss ihrer Religion, Ihrer Geschichte, Tibet nah, moslemisch, tolerant, offenherzig,…ich weiss es nicht.

Ich konnte ungestört durch kleine Gassen gehen, entlang der Hauptstrasse fahren, in Spelunken sitzen, durch Geschäfte, an Märkten, zu Sehenswürdigkeiten schlendern.

Es gab freundliche Grüße, gute Wünsche, interessierte Nachfragen. Gastfreundschaft.

Die Hotels, die Unterkünfte, das Essen alles etwas besser als vorhergehend, alles etwas teurer als vorhergehend.

Von Tashkurgan, am 27. September 2019

Von Tashkurgan, am 27. September 2019

zur Grenze musste wieder ein überwachtes Sammeltaxi genommen werden. Gestopft voll, 12 Leute, eine Tonne Gepäck, das Rad aufs Dach geschnallt, der Wagen mit Überwachungskamera ausgestattet, ohne Halt, ohne Stopp, über hundert Kilometer zur Grenze.

Die Papiere, das Gepäck, das Visa wurde noch im Busbahnhof in Tashkurgan genauestens begutachtet.

Noch mal wurden Bilder gemacht, dann wurden wir auf die Reise geschickt, hinaus aus China.

Auf der Passhöhe, dem Khunjerab,  steht das riesige Tor nach China. Wir fahren durch und raus. Die Pakistanis begrüßen uns freundlich, winken und schicken uns in das achtzig Kilometer entfernte Sost.

Der Fahrer hat für touristische Sperenzchen keinen Sinn. Er hielt nicht an. Lies uns nicht aussteigen. Es gab kein Photo von der Passhöhe, von der Grenzstation, von dem Gate nach China.

Und irgendwie habe ich es auch nicht gebraucht. Eine Erinnerung an so viele Unbequemlichkeiten? Für was?

Auch war der sagenhafte Karakorum Highway auf chinesischer Seite eher langweilig, eintönig, karg.

Jetzt begann Pakistan.

Umgeben von sechs bis sieben Tausender, ging die Passstraße von 4700 Meter, in hoher Geschwindigkeit, auf 2800 Meter nach Sost runter.
Deutlich sichtbar wie brüchig das Gestein, wie lose die Brocken, wie steil, enorm steil und Sturz gefährdet jeder Hang, die Erosion täglich Tonnen bewegt, auf die Straße regnen lässt, Leitplanken wie Papier zerknüllt, Stützmauern zerschlagen.

Doch spiegelen Berge den Lebensmut, das Offenherzige, der sofort auffallenden Freundlichkeit der Pakistanis wieder. Strahlten Stolz, Erhabenheit und Freude aus.

Sost
Grenzstadt, Dorf, ein Straßendorf gesäumt mit Buden, Restaurant, Geschäften, kleinen Hostels, Umschlagplatz diverser Waren.
Eine Nacht blieb ich nur. Lucas, krank, überanstrengt und ausgelaugt von seiner Fahrt von Kasghar nach Tashkurgan, blieb, wollte nach kurzer Regeneration unbedingt auch die Etappe von der Grenze nach Sost, rauf und runter nachholen, fahren. Unvernunft, jugendlicher Leichtsinn und der Sucht nach den Endorphinen unterlegen. Ich befürchtete das wird ihn vollends seine Gesundheit kosten. Ich konnte ihn nicht davon abbringen, musste ihn lassen, wollte es aber auch nicht unterstützen.

Ich fuhr nach Gulmit.