der sechste Brief

Das hier war, das Briefchen, Skandia Nummero VI.

Sechs Stück hatte ich geschrieben. Der Weg zur Skandia, die Gedanken, die Gefühle in ein einigen Zeilen, zwischen der Arbeit, der Restauration, Abends am Lagerfeuer erfasst.

Sept – Anfang Oktober 2020 Mölln

Und das alles hatte ich erzählt, in das Telefon diktiert, als Einleitung, für ein Buch dass ich vielleicht schreiben werde, für Artikel, Kurzgeschichten, die ich noch schreiben werde, die ich vielleicht gar nicht veröffentlichen werden, die vielleicht nie geschrieben werden. Da drunter sind auch viele Gedanken von Begegnungen in meinem Leben, und erzählenswert sind nur die besonderen, die schönen, die liebsten Erinnerungen, denn warum sollte man, es ist Herbst, sich an den anderen, den alten Mist, etwas hässliches, garstiges noch erinnern? Und unter den vielen, und den paar, den wenigen wirklich tollen Begegnungen, Momente in meinem Leben sind einige die sich unglaublich schlecht schreiben lassen, oder wenn ich sie schreibe das ich sie nur ganz wenigen Leuten schicken kann. Darüber habe ich mir in den letzten zwei Tagen Gedanken gemacht. Ein wenig habe ich innerlich gelacht, weil was soll es mich eigentlich Jucken, es stört mich nicht, es ist wie es ist, und es war wie es war, es sind tolle Erfahrungen, ich rede um den heißen Brei, es ist der heiße Brei, und ich würde ihn gerne mitteilen, und ich weiß noch nicht wie.

Kannst du! Dir das vorstellen?
Hast Du alle Fragen gestellt? Hattest du schon mal das Gefühl jemanden doch noch etwas sagen zu wollen, mitzuteilen, zu erklären, muss man sich erklären? Meistens hat man sich nicht erklärt! Meistens dachte man das erklärt sich doch von selbst! Und jetzt beginne ich darüber nachzudenken, es ist Herbst, die goldene Zeit liegt vor uns, da fehlt noch ein Wort, eine Wertschätzung, eine Anerkennung, ein Gedanke, ein Danke.

Der sechste Brief an meine Freunde und Bekannten
Skandia 6

Herbst. Und Herbst Gedanken. Das soll gar nichts Trauriges sein, oder schwer bedächtiges, es ist Herbst, die Früchte sind eingebracht, es gab ein Erntedankfest, noch hie und da, und mit der eingebrachten Ernte, die Früchte, diese gesammelten Bodenschätze, auch die extrem leckeren Kartoffeln die ich hier kennen gelernt habe, die ich ohne Salz kochen kann, genießen kann, bereichern die folgenden Wochen und Monate und sind der Lohn, für die lange Zeit, für die lange Arbeit, Rente, die man genießen sollte, ja es beginnt eine wertvolle Zeit.

Und auch für mich beginnt der Herbst, ich habe vielleicht dreiviertel oder vielleicht zwei Drittel meines Lebens hinter mir, ich bemerke wie es immer beschwerlicher wird, dass man nicht mehr so gelenkig ist, dass man auch ruhiger wird, ein kleines Zipperlein hier, ein kleines Zipperlein dort, etwas Furcht, Befürchtungen dass meine Gelenke, die Bänder nicht mehr so lange halten. Mache ich noch 30 Jahre, und wie werden die sein, was ist mit meinem kaputten Knie, dem kaputten Fuß, der rechte Arm, und jetzt die linke Schulter die schmerzt?

Über vier Wochen bin ich jetzt hier, bei der Scandia, bereite vor, putze Pflege, restauriere, schmiede Pläne, und nehme tatsächlich immer mehr Abstand von der Stadt, von den Großstädten, von dem Asphalt und dem Beton, von der Gesichtslosigkeit, der Anonymität der Großstadt, dem Egoismus, der blasierten Arroganz.

Das Zelt, im Garten des Aussteigers, es ist groß und geräumig, ein Baumwollmischgewebe, warm, und doch muss ich eingestehen wird die Zeit langsam ungemütlicher, un komfortabler, das waschen und duschen auf der Wiese, im Freien mit einem großen Topf, einem Brenner erhitzten Wasser, fordert Überwindung, der kalte Wind drängt zur Eile.

Es geht nicht so richtig voran. Einerseits stört es mich nicht, denn ich habe auch Gelegenheit die Zeit führ mich zu nutzen, zu lesen, mit dem Hund durch den Wald spazieren zu gehen, neue kulinarische Erfahrungen zu machen, lerne und erfahre zusammen mit dem Aussteiger Alternativen, sehr günstige, interessante Verwertung von Resten, aus Biobetrieben, schmackhaft, äußerst lecker, und gehaltvoll zu genießen.

Überhaupt ist das Land leben ganz anders. Früher dachte ich eher etwas verächtlich, es sei zurückgeblieben, zurückgesetzt. Heute. Beachtlich worauf Sie achten, was sie schätzen, was sie hüten und für was sie ihre Zeit verwenden. Lehrreich.
Ich habe Weißdorn gesammelt und eingelegt, warte auf die Schlehen, suche Pilze, und schmecke den Unterschied hier, die selbst gezogenen Kartoffeln, der Kohl, die Reinheit und Natürlichkeit.

Kein Fernsehen, keine Zeitungen, keine dummen Schlagzeilen, nur das Radio dudelt neben der Toilette, wenig Internet, schlechter Empfang, kaum Facebook, vieles geht an mir vorbei, und das stört mich nicht.

Dämmerung, die Sonne fällt schnell hinter den Tannen, ein letztes schimmern, es wird dunkel – man geht dann ins Bett.
Nichts los hier im Wald. Auch der letzte Hirsch hat mit dem Gebrüll, mit der Brunft abgeschlossen. Viele Kraniche sind schon weg. Die Wildgänse sammeln sich jetzt. Es regnet, den Boden wird es gut tun, der Wald auch hier gab bisher keine Pilze ab, an vielen Stellen ist noch alles zu trocken.

Es ist wirklich eine Entschleunigung, von allen immer gesagt, gedacht und erhofft und gesucht, und plötzlich ist sie da, hier, in der Nähe von Mölln, in der Waldsiedlung, und abstrahiert, gib dir, natürlich, einen anderen neuen Rhythmus. Es war ungewohnt. Aber nicht schlecht..

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