18. August.2019 3/29 Pamir
von Khulob – nach SchuroObod
nur 34 Km und 4:52 Std. unterwegs. eine Durchschnittsgeschwindigkeit von unter 7 km/h
1321 Höhenmeter.
Ich wusste es würde bergauf gehen.
Ich wusste es würde anstrengend werden.
Ich dachte nicht, dass ich es durchhielt.
Am späten Nachmittag erreichte ich den Ort auf einem kleinen Plateau, bevor es zu der steilen Gebirgsabfahrt runter zum Pasch gehen würde.
Ich wollte nicht mehr weiter.
Ich nahm mir ein Zimmer, obwohl ich zu einem empfohlenem Zeltplatz, mit einer bemerkenswerten Fernsicht, wollte.
Den Berg rauf, es war eine Qual.
Stunden vergingen, die Straße wirkte unendlich, nahm kein Ende. Kurven folgten auf ewig lange Geraden, folgten Steigungen.
Atempausen, Motivationspausen, Essen und immer wieder trinken.
4,5 Liter Wasser den Berg rauf zu schleppen, nicht zu wissen ob es reicht, jedes Kilo gerne weniger zu haben, dann nach Stunden zu fürchten nicht mit dem Wasser aus zukommen.
Ich wusste es würde heute Berg auf gehen. Ich wusste, dass ich die Gebirgskette erst überwinden muss um den ersten freien Blick auf den Pansch, das breite Tal und auf die ersten Anhöhen Afghanistans zu bekommen.
Meinen Tag, die Fahrt habe ich nach 34 Kilometer, in der kleinen Ortschaft, auf dem Plateau beendet.
Was war das für eine geile Quälerei.
Nein, es war nur anstrengend. Nach den ersten 500 Höhenmetern wollte ich das erste Mal schon abbrechen. Der Gedanke noch weitere 1000 Höhenmeter zu fahren war bald unvorstellbar. Die ersten 10 Kilometer gingen noch sanft, Steigungen um die 3 vielleicht auch mal 4 % war der Durchschnitt.
Das Land kam mir so öde vor, es gab kaum etwas zusehen, kaum Abwechslung. Der Asphalt grob, rissig, lag, widerborstig, stoisch auf dem ausgetrocknetem Land.
Man versucht sich ein Ziel zu setzen, ich versuchte mir ein Ziel zusetzen. Kleine Schritte, kleinere erreichbare Ziele. Die Biegung, danach glaubte ich ein flacheres Stück, dort könnte ich mal halten und verschnaufen, dort könnte ich wieder gut neu anfahren. Oder ich wählte einen Steinhaufen, noch war er weit entfernt, visierte in als nächstes Ziel an, bis zu ihm wollte ich wieder durchhalten.
Wie sollte ich das schaffen? Wie viel Zeit wollte ich investieren, wie viele Pausen notfalls machen, mich erholen, atmen, etwas essen, genügend trinken, wird mein Wasservorrat bei dieser Fahrt, Verbrauch, überhaupt reichen?
Eine Bäuerin schenkte mir eine Melone, sollte ich sie annehmen, war das richtig, das Gewicht bedenkend? Ich nahm sie. Ich wollte sie zum Mittag, zur Belohnung, bei einer längeren Pause mir gönnen.
Kurze Zeit später saßen 2 Knaben unter einem Baum, im Schatten, boten auch Melonen an. Ich wollte nur etwas trinken, vielleicht auch ein Photo mit ihnen erbitten. Einer kam rüber, schnitt sofort eine Melone auf und reichte mir ein Stück.
Pause, vor allem mental, ich setze mich zu ihnen. Nahm dankend Stück für Stück, er schnitt weiter auf, die Melone an. Ich ass sie ganz auf. Eine Entlohnung lehnten sie Jungs ab.
Verdammt ich werde doch wohl durchhalten.
Nur noch 900 Höhenmeter. Auf 2 Kilometer bei durchschnittlich 5 % bis 8 % Steigung sind es meistens gute 100 Höhenmeter. Jetzt hatte ich meine Durchhaltetaktik. Ich muss nur noch 9 x in den Sattel, nur noch 9 x 2 Kilometer durchhalten. Das war eine für mich greifbare Größe. Ich konnte rückwärts zählen. Nur noch 8 x, nur noch 7 x.
Je höher ich kam desto schlechter wurde die Straße. Asphalt gab es nur noch stellenweise.
Danach hauptsächlich festgefahrener Schotter, grobe Steine, Schlaglöcher ab und an.
Auf 1700, 1800 Meter gab es Wasser. Eine Wasserstelle. Viele Passüberquerer hielten hier, füllten ihre Flaschen, kühlten ihre Fahrzeuge. Ein Imker bot mir sein Haus zu Übernachtung an. Nein, ich sah ein Ende der Quälerei, ich sah das Gipfeltor in der Ferne, ich hatte nur noch 4 Kilometer.
Und das wollte ich schaffen.
Und ich schaffte es.
Die Abfahrt danach bis zu der kleinen Ortschaft, unterbrochen von einer Passkontrolle, einem Militärposten, lief mäßig, die Straße rau, Spurrillen, Sand und viele lose Stein mahnten zur Vorsicht.
Jetzt hier in Schuro-Obod ist mir alles egal. Das erst beste Hotel, ich scheine der einzige Gast zu sein, öffnete freundlich die Türe zu einer asymetrichen, kahlen, übergroßen Eingangshalle, angegliedert vier oder fünf kleine ungenutzte Büros und Räume der Rezeption.
Das angebotene Zimmer ist sehr günstig, das Bett ist hart, der Kühlschrank aus, er schimmelt von innen, das Klopapier ist nur noch ein Rest, das Wasser kleckert aus der Dusche, man darf den Brausekopf aber nicht höher heben als der Badewanneneinlauf, dann versagt er und es tropft unten raus. Aber es gibt ein tolles großes weiches Handtuch.
Schade nur, das ich mein Shampoo in Dushanbe stehen gelassen habe.
Ich habe Probleme.
Bin gespannt wie das Abendessen wird.
Ich nahm das Abendessen ohne zu murren an, weil es nichts anderes gab. Keine Auswahl, es gab Kartoffelsuppe.
Ich dachte an den Tag.