Author Archives: derspurensucher

27. August 2019 Pamir

August 2019 12/29 Pamir
0 Km
Pamir Lodge – Chorug

Nichts – nichts bemerkenswertes.

Ich habe den Tag langsam angehen lassen. Bin etwas in der Stadt, dem Städtchen spazieren gegangen, habe einen Kaffee getrunken – Johannes – einem 19 jährigen Radfahrer aus Deutschland kennen gelernt, seit anderthalb Jahren ist er unterwegs, von Deutschland nach Indien, Asien China Mongolei, nun ist er auf dem Heimweg.

Aufwendigste Arbeit heute war nach 11 Tagen die Tagebucheinträge zu versenden – endlich

das Netz brach wieder zweimal zusamme

Rushan Homestay – Chorug – Pamir Lodge

26. Aug. 2019 11/29 Pamir

Rushan Homestay – Chorug – Pamir Lodge

68.47 km 4:56  Std. 13,87 Schnitt 504 Höhenmeter

 

Schmerzen im Unterbauch.

Die Nacht geschwitzt, gewälzt, viel geträumt.

Koliken.

 

Ich wollte weiterfahren, mit dem guten Gefühl von gestern, entspannt, regeneriert heute aufs Rad.

Ich musste etwas essen, frühstücken, Energie für den Tag aufnehmen, der Kaffee, die Crepe gefüllt mit Marmelade lagen direkt schwer im Magen.

Ich wusste nicht wo dran es lag.

Hatte ich gestern etwas nicht vertragen?

Ich wollte kein Obst. Gestern genoss ich noch ein paar kleine Äpfel, sorgten die Kartoffeln, vielleicht zu roh, zu diesen Krämpfen, war etwas von dem Fleisch schlecht?

 

Trotzdem setze ich mich aufs Rad, ich musste und wollte weiter, hoffte durch die Bewegung der Beine alles zu lösen.

Leichte Rampen liessen mich direkt schwitzen, der Puls stieg schneller, ich war kaum belastbar. Nach kurzer Zeit pausierte ich, nahm eine kleine Cola, eine Kanne schwarzen Tee, kein Essen. Der Magen wollte nichts aufnehmen, ich fühlte mich aufgebläht, voll.

Nur langsam kam ich vorwärts.

An einer Steigung musste ich absteigen, zu steil, zu schwierig, zu wenig Kraft, keine Kondition, blieb stehen und es wurde mir schwarz vor Augen. Ich musste mich konzentrieren, warten, atmen, pausieren.

War ich unterzuckert? Hatte ich doch etwas falsches gegessen und der Körper kämpfte gegen fremde, unbekannte Bakterien? Ich wusste es nicht. Dazu der schmerzhafte Unterbauch. Die Koliken, Blähungen. Das Radfahren hatte nur wenig bewegt, verbessert.

 

Die Straße war zum Glück um ein vielfaches besser, trotzdem war ich recht langsam. Es war mir egal, es war nicht soweit, es war übersichtlich.

Irgendwann vermutete ich das die Möhren, seit ein paar Jahren kann ich keine rohen Möhren mehr vertragen, sorgen sie für Blähungen, nicht genügend gegart, im Salat zu roh geblieben waren, für diese Schmerzen sorgten.

 

Chorug kam in greifbare Nähe, der Druck im Bauch wuchs.

Die letzten 3 Kilometer durch den Ort zu dem angestrebten Hostel, der Pamir Lodge musste ich die Arschbacken ganz schön zusammen halten.

An der Rezeption fragte ich zu erst nach der Toilette, es war dringend.

Der Schmerz, der Druck lies nach.

 

Abends bin ich mit einem Radfahrer Pärchen zum Abendessen gegangen, der Versuch, waren es Koliken von zu rohen Gemüse, Möhren, war, ist es ein Infekt, war es wert.

Danach ein Vodka drauf.

 

 

 

 

 

Rushan Homestay

25. Aug. 2019 10/29 Pamir

Rushan Homestay

0 Km 0 Std. 0 Schnitt 0  Höhenmeter

 

so ein tolles Bett und leider nur unruhig geschlafen.

 

Wäsche ist gewaschen, das Frühstück genossen, Whatsapp funktioniert, Fragen beantwortet, ein paar private Nachrichten geschrieben.

Noch mal geschlafen.

Kette gespannt, hinteres Ritzel umgedreht, Bier getrunken.

Lose Schrauben an Getränkehalterungen, Lowrider und Frontlicht gefunden – und festgedreht.

 

Seiten Taschen vorne sortiert – Paket Haferflocken aussortiert, Zitronensaft auch (habe ich zu selten gebraucht.)

Nachmittagsschlaf gehalten.

Buch zu ende gelesen.

 

Abendessen.

Viel Fleisch, Tomaten und Gurken, klassisch, weit verbreitet, Kartoffeln aufgewärmt, hart geworden, Kraut-Möhrensalat.

 

 

Sanobad homestay- Rushan Homestay

24. Aug. 2019 9/29 Pamir

Sanobad homestay- Rushan Homestay

36,08 Km 2:39 Std. 13,59 Schnitt 285 Höhenmeter

 

es war eine Spazierfahrt.

Das hätte ich auch gestern noch schaffen können.

Nein – es war gut so. Der Aufenthalt in dieser tadschikischen Familie, die sich kurzer Hand zum Homestay erklärt hatte, schnell genug mir ein Bett und Essen angeboten hatte, bevor meine Navigations- Applikation mich bemerken lies, dass das eigentlich Homestay ein Haus vorher gewesen sei, war einzigartig, nachhaltig und lehrreich.

Kein Bad, das Plumps-Hockklo am Ende vom Garten, das Lager im Durchgang, das Essen einfach, aber alles sehr herzlich.

 

Die Strecke war um ein vielfaches besser.

Langezeit fuhr ich entlang des aufgestauten Pansch, wenige Höhen, wenige Berge und im Verhältnis eine bessere Straße.

 

Es bleibt dabei, auch wenn es an dem Tag heute wieder besser lief, ich die Fahrt genießen konnte, nette Begegnungen hatte, Kaffee mit 3 Italiener auf dem Weg in die Mongolei, ein nettes Gespräch mit einem Felix, mit dem Rad auf dem Weg von Singapur nach Hamburg, suchte ich mir ein Hostel mit einem richtigen Bett, lang genug, ein echtes Plümo, Kopfkissen, eine Waschmaschine und das Versprechen dass man gegen Abend WLan, WiFi haben würde.

 

Jetzt bin ich gespannt.

Der freie Tag soll kommen. Ich bin soweit. Ich habe genug zu tun. Kette spannen. Wäsche waschen. Tagebuch hoch laden. Post beantworten und dem Geräusch der Kurbelwelle, dem Tretlager, das bei hohen Belastungen Geräusche macht, so befürchte ich, hoffentlich keinen Schaden genommen hat.

 

Die Strecke ist eine Materialschlacht. (derzeitige Höhe – im Tal – 1991 mtr. ü.M.)

 

 

 

 

Khekhik – Sanobad homestay

23.Aug.2019 8/29 Pamir

Khekhik – Sanobad homestay

47,85 Km 4:18 Std. 11,08 Schnitt 719 Höhenmeter

 

Motivationstief, sehr tief.

 

Die Nacht hat mich geschafft,

nein ich habe den Tag in der Nacht nicht verarbeiten können.

Lass mich den heutigen Tag mit dem Ende des gestrigen Tages beginnen.

Überanstrengt?!. Um 19:00 schlug ich mein Lager auf, zu müde mich zu konzentrieren. Jede Handlung überlegte ich zweimal und zur Sicherheit ging ich jeden Schritt noch mal durch.

Wo lege ich den Schlüssel ab, das Portmonee, den Brustbeutel, die Brille, die Taschenlampe, Kamera, Pass.

Es war ein lauwarme Nacht, die Fliegen verzogen sich, ein paar Sterne kamen durch, der Wind legte sich etwas, das Rauschen des Flusses drang bis nach oben zur Raststation.

 

Ich hatte mich mit dem Wirt geeinigt. Er kam mit dem Taschenrechner und zeigte mir die Zahlen.  Zwei Hände an ein Ohr gehalten, Zeichen für Schlafen, 20, Piva, Bier 20, Soup 15, Chai 3.

Matten wurden ausgelegt,  ein Plastiktischdecke von der gegessen wird neben mein Lager ausgebreitet, das Essen aufgetischt.

Ich aß, trank und wollte mich gleichzeitig hinlegen, ausstrecken.

Ich nahm mir meinen leichten Baumwoll-Schlafsackinnenbezug, der reichte, es war lauwarm, legte mich hin und dachte nur was hast du dir da angetan?

Ja ich war stolz, war sehr mit der Leistung zufrieden, fand die Bestätigung, dass die richtigen Pausen zur richtigen Zeit die Tagesleistung um ein vielfaches erhöhen.

Es war so eine Wohltat sich hinzulegen, auszustrecken. Ich dachte, dass ich jeden Moment in einen tiefen Schlaf fallen würde. Aber dem war nicht so. Meine Gedanken kreisten, ich lag da, wach, sah wilde streunende Hunde ums Lager schleichen, andere Leute die sich ein paar Meter weiter auch ihr Lager auf schlugen, der Wirt und die beiden jungen Frauen, Töchter vielleicht, die abräumten, irgendwann das Licht löschten.

Die Pickserei, das Stechen begann mitten in der Nacht. Keine Mücke war zu hören, kein Summen zu hören. Es gibt vielerlei Getiers das sticht, beisst. Mücken in allen Größen, selbst Fliegen gibt es die sich irgendwie, schmerzlich, ein Stückchen heraus zubeißen vermögen.

Doch ich konnte keine Tierchen ausmachen. Die Stiche brannten stark, juckten sehr lange, an schlafen war nicht zu denken. Jedes Hilfsmittel, Abwehr und Heilmittel trug ich auf. Nichts war zu machen, nichts half. Ich vermutete Flöhe. Ich war sauer. Überlegte was ich mit der Wäsche und dem Schlafsack machen sollte.

Ich musste auf Toilette, nahm mir meine Stirnlampe, stand auf.

Im Schein der Lampe sah ich sie. Extrem kleine Flieger. Vielleicht so etwas wie kleine Fliegen, kleiner als unsere Fruchtfliegen. Keine Flöhe, ich war beruhigt, nun musste nur der Schmerz, der Juckreiz aufhören.

Die Lösung war, dass ich mich so tief in den Baumwollsack verkroch, das ich über mir schließen, von innen zuhalten konnte. Noch 4 Stunden zu schlafen.

 

Das Aufstehen fiel mir schwer, das essen, das trinken, das Rad packen, alles fiel mir schwer.

Ich blickte auf die Karte. 80 Kilometer bis Roshan, so hatte ich es an vorherigen Tag errechnet. Gestern fast hundert, heute achtzig, morgen blieben nur noch 60, dann würde ich es in drei Tagen tatsächlich bis nach Chorug schaffen.

Verrechnet.

Ich quälte mich.

Körperlich ging es, ging es einigermaßen. Aber mental?

Ich sah den Weg wie kaputt er war, sah die Furchen, sah die Anstiege, sah das Geröll.

Fand keinen Weg der Motivation, sah keine Etappenziele, sah für mich bei der Aufgabe achtzig Kilometer zu schaffen, keine Lösung.

Nach 11 Kilometer, ich war schon eine Stunde unterwegs den ersten Tee, nach 33 Kilometer gegen 12:00 Mittag, Essen, zwei Stunden Rast, eine Stunde geschlafen. Noch mal fast 50 Kilometer fahren zu müssen erschreckte mich.

11 Km weiter sollte es ein Homestay geben. 11. Eine Stunde Fahrt. Das wollte ich noch mal angehen. Das war eine greifbare Größe.

16:08 angekommen.

Körperlich ging es, mental am Ende. Ich wollte nicht mehr.

Das Homestay , welches auf der Karte eingetragen war, war das Haus neben dem das ich ansprach, das mich aufnahm.

Es ist einfach. Es ist sehr einfach.

Dusche ist ein Eimerchen am Baum, es gibt kein Bad, Toilette am Ende des Garten, mein Bett, mein Lager ist vor der Kochecke, in Anbau am Haus, überdacht, die Fenster aus Plastikplane.

Egal. Ich fahre nicht weiter.

Es ist einfach hier.

Das Essen, Kekse, Spiegeleier, gekochte Kartoffeln, eine Tomate.

Aber die Kartoffeln schmecken nach Kartoffeln, die Tomaten, durften sich Tomaten nennen. Ein toller Geschmack, wie ich ihn schon wieder Jahre lang nicht mehr hatte.

 

Ich trinke Tee, sitze, starre auf mein verstaubtes Gepäck, sehe die grauen und braunen Ränder von dem Staub auf meinen Beinen, die Abdrücke der Socken, die Schweißränder am Trikot.

Ende für heute.

Morgen sind es jetzt nur noch 35 Km bis nach Roshan. Ich denke sogar an einen Ruhetag.

Ich will nicht mehr den ganzen Tag auf den Boden, auf die Stecke, auf den Staub gucken.

 

 

 

Kalai Chumb – Khehkik

22.Aug.2019 7/29 Pamir

Kalai Chumb – Khehkik

98,75 km • 8:34 Std • 11,52 km/h  Durchschnitt •12 Std. unterwegs • 1424 Höhenmeter

 

Wir hatten uns im letzten Hostel darüber unterhalten, Radfahrer, Reisende, Reise Bekanntschaften, wie die Strecke zu fahren sei.

Dreimal 80 Kilometer  bis nach Chorug, 240 km gesamt, das würde gut passen. Wie die Strecke ist, wie gut sie läuft, wie die Steigungen, wo man sich gut verpflegen könnte, müsste man unterwegs entscheiden, sehen, anpassen.

Drei Tage Fahrt lagen vor mir.

 

Ich startete zeitig, um acht Uhr ging es los.

Ich traf auf  Fahrradfahrer, eine Sophie aus Frankreich, die Aufnahme mit der Gopro ist leider nichts geworden, sie sagte sie sei an dem Tag müde, ich war voll motiviert mir ging es gut, war gerade erst 30 Kilometer gefahren.

Die zweite oder dritte Pause machte ich bei ca. 57 Kilometer. Traf dort auf einen italienschen Motorradfahrer, er wollte gerne bis Rushan, weitere 120 Kilometer, dort beginnt das Bartang Tal, das würde er gerne durch fahren, es ist hart, härter, steiler, grober, es ist einsamer, es gibt mehrere Flussdurchfahrten, das traue ich mir nicht zu.

Auf meiner Karte sah ich einen Versorgungspunkt in 20 Km und ein Restaurant und ein Campground in weiteren 20 Km.

Das wollte ich versuchen. Zwei 20 Kilometer Etappen klangen nicht so unrealistisch, ich schöpfte Mut aus dem Tag, aus der bisher geleisteten Arbeit.

 

Es wurde lang, die Strecke zog sich, der Sand stoppte, die Hände begannen zu schmerzen, die permanenten Schläge auf die Knöchel machten sich bemerkbar.

Ich traf nach zehn Km, 30 hatte ich noch vor mir auf einen Franzosen, mit Rad, wir sprachen über die Strecke, über das Wahkantal, das nachfolgende, es war nicht aufbauend.

 

Die Sonne neigte sich, ich begann zu rechnen, ist die Strecke überhaupt noch im Hellen zu schaffen? Der angestrebte Platz zu erreichen?

 

Zehn Kilometer vor dem Ziel, eine Passkontrolle, die Sonne verschwand hinter den Gipfeln, vor mir stellte sich ein letzter Berg in den Weg. Am Fusse des Berges eine LKW Raststation, einfach, nicht einladend.

Ich riskierte es. Stieg wieder aufs Rad, lies die Absteige links liegen und schnaufte den Berg hoch. Zeit Licht am Rad an zumachen.

Man denkt nicht mehr, man rechnet, versucht zu rechnen, schaut auf die letzten Werte der Durchschnittsgeschwindigkeit, schaut auf den Tacho, schaut auf den Berg, schaut auf die Uhr, es wird langsam dunkel.

Ich erreiche die Passhöhe, trinke, richte meine Lampe am Rad aus, ich hatte mich verrechnet, überschätzt, die Strecke unterschätzt, ich fahre im Dunkeln den Berg runter.

 

Den ganzen Tag musste ich Schlaglöchern, Spurrillen, Sandverwehungen, dickem Geröll, härtesten Wellblechabschnitten, und ich weiß nicht was noch alles ausweichen. Bremste die Fahrt, erschwerte das Vorankommen. Jetzt im Dunkeln war es noch schwieriger.

Nach 98 Kilometer.

Rechts der Straße ein erleuchteter, ummauerter Garten, ein paar Tische und Stühle unter den Bäumen, eine paar von diesen erhöhten Tisch-Bett-Lager-Kombinationen, ein Bude in der gekocht wurde.

Ich fragte, gibt es Bier, gibt es etwas zu essen, kann ich hier schlafen?

Ja. Ich blieb. Ich hätte auch nicht mehr gewusst wo ich sonst hätte hinfahren können. Drum herum war alles dunkel und aus.