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Briefe an…

Briefe an, sind meine Gedanken, meine Träume, meine Phantasien. Gesprochene, wiederholte Worte, echte Briefe an wirkliche Menschen und in fiktiven Gespräche an Unbekannte. Nicht jeder Name stimmt, nicht jedes Datum…nur der Inhalt zählt. Das Tagebuch ist eine Seite, eine Seite der Reise und nur vielleicht die Erinnerung an einen Tag, eine Stadt oder ein Land. In den Briefen unterhalte ich mich mit Dir, Du kannst in meine, unserer Gefühlswelt stöbern, Eindruck gewinnen. Beteiligt oder unbeteiligt sein.

Niedergeschrieben, ausgedacht, was ich noch sagen wollte, was ich noch nicht gesagt habe, was ich nie gesagt hätte. – aber gedacht, erhofft, geglaubt gesagt zu haben.

Tiefer dringen…der Iran..Armenien und Georgien 2014

Ich hatte Blut geleckt….

Das Motorradfahren war schön.  Ich suchte eine Bestätigung zu meiner Motorradreise 2011. War das alles richtig gewesen? Hatte ich was ich “erfahren” hatte – richtig verstanden? Brauchte ich eine Bestätigung?

2014 ging es wieder los.

Das Motorradfahren war schön.                                                            Schön ? 
Nein Nein und nochmal Nein. Ich fahre im Alltag kein Motorrad. Rosa steht eingemottet auf meinem Balkon. Motorradfahren war und ist eine Herausforderung. Es war Wild West, es war ein freies Reiten, unabhängig, ein Cowboytum….man war cool, der Wind strich durch das Gesicht, man spürte das Wetter und war verdammt nah dran. Nah an den Menschen, nah am Geschehen, schnell hier, dort und schon wieder ein Stückchen weiter.

Die Fahrt 2014 war eine eigene und eine neue Geschichte. Ich machte neue, andere und auch wiederum schöne Erfahrungen. Aber meine Reise Richtung China 2011 – die liess sich nicht wiederholen. Die neuen Inspirationen bauten auf bekanntem Wissen, auf gemachten Erfahrungen auf.

 

5 Monate 23.545 Kilometer.

Türkei, Iran, Armenien, Georgien, Bulgarien, Albanien Griechenland, Kosovo, Kroatien, Serbien, Österreich, Italien

3 Tage vor Abfahrt

Chaos in der Küche…gestern habe ich meine Packliste erstellt…es fehlt noch reichlich….

Fahrt von Köln, den Rhein rauf bis Schaffhausen

(der folgende Text ist damals bevor es diese Seite gab nur ins Mobiltelefon diktiert worden – hat einige Fehler und Gedankensprünge gehabt)

Tag Sieben. Der 8. August. Breisach erreicht.

Wenn ich sage dass ich nach einer Woche so circa 430 km gefahren bin, dann klingt das nicht so viel. Glaube ich. Es waren Etappen zwischen 97 km (am ersten Tag) dann 62,64, 87,98. Mit nur 24 km bin ich dann bis nach (Kehl)Straßburg gefahren und heute noch mal 85 bis nach Breisach.

Jeder Tag verläuft irgendwie anders. Gleich geblieben ist die Belastung durch die Hitze. Fast unmerklich saugt sie dich beständig über den Tag einfach aus.

Ich starte durch aus manchmal sehr früh um der Hitze zu entgehen, um bevor die Sonne die volle Strahlkraft hat ein Ziel erreicht zu haben.

Es ist ein Test. Nicht nur das Equipment, an dem ich noch feilen muss, auch um meinen Rhythmus zu verstehen. Vorwärtskommen, etwas sehen, etwas erleben und auch noch Zeit für sich zu haben.

Es klingt vielleicht eigenartig, wenn man alleine unterwegs ist, möglichst oft das Telefon auslässt, kein Internet benutzt, wenn dann jemand sagt – er möchte auch noch Zeit für sich haben.

Wenn man den Tag über fährt, circa 6 Stunden reine Fahrzeit hat, dazu kommen die Pausen, das Fotografieren vielleicht, dann ist man durch aus 8-10 Stunden unterwegs. Und dann beginnt die Arbeit. Essen besorgen, Wasser besorgen, Schlafplatz suchen, Zelt aufbauen, das Lager herrichten, kochen oder Brote schmieren. Ein Muss. Vollkommen ermüdet und platt muss man sich dann noch versorgen.

Zum Schluss duschen, oder schwimmen gehen, dann duschen. Wenn es auch nur aus zwei 1,5 l Flasche mit Leitungswasser ist, nicht zu vergessen. Der Schweiß muss runter. Zur Zeit dusche ich nur noch kalt.

Die Strecke den Rhein rauf zu fahren, in ein paar Tagen, vielleicht zwei, erreiche ich Basel, ist so vielfältig. Ich denke auch vielleicht ein wenig unterschätzt. Wenn ich nur ein wenig mehr Zeit hätte, in mindestens einem Dutzend wunderbaren Orten, durch die ich gekommen bin, ein wenig mehr zu verweilen, wäre glatt ein Traum.

Gerade die Strecke zwischen Koblenz und Bingen haben es kulturhistorisch und landschaftlich in sich. Und dann kommen, teilweise unendlich lange Rheinauen, Naturschutzgebiete, Sümpfe, friedlichste Urwälder.

Auf manchen Abschnitten habe ich den Weg durch den Wald, über die Deiche, über die Schotterwege vorgezogen und genossen.

Doch so schön und so romantisch ruhig die Wege entlang und auf den Deichen, das gleichmäßige knirschen, und rauschen unter dem Reifen, nur unterbrochen durch die hellen spritzenden Töne der weg flitchenden kleinen Schottersteinchen, das brechende Geräusch, das knarzten trockner kleine Äste, auch sind, – verlässt man die dichte Bewaldung – geben sie dem Wind freie Bahn auf deine Brust.

Stunde um Stunde, so ging es heute, trittst du gegen den Rollwiederstand des losen Bodens und dem Gegenwind an. Die Sonne stieg und stieg und brannte, wie die letzten Tage nach 1:00 Uhr, unerbittlich auf die Knie und die Arme.

Mal wieder ausgelaugt und fertig. Möchte ich jetzt Breisach sehen- müsste ich einen Tag dran hängen.

Man fragt sich so recht warum nicht? Eins ist sicher für meine Reise werde ich eine andere Geschwindigkeit einplanen, nach hinten heraus muss mehr Luft sein.

Doch jetzt gilt es herauszufinden ist es möglich für mich in den 20 Tagen 1500 km zu fahren. Ein kleines Bonbönchen wäre, ich lasse Wien weg und fahre von Passau über Linz in Österreich zum Erzberg, zum Erzberg GlobeTrotter Rodeo. Das ist eine Veranstaltung, von einem Kollegen, den ich sehr schätze, persönlich mag, den ich auch gerne unterstütze. Das wäre ein Ziel und das wäre ein Antrieb.

Wie ist es mir so ergangen:?

Das losfahren, noch gestärkt und hochmotiviert, wie gesagt am ersten Tag fast 100 km, nur begleitet durch die Hektik und die Unsicherheit habe ich alles, habe ich das richtige eingepackt, bin ich zu viel oder zu schlecht ausgerüstet. An dem zweiten und dritten Tag musste ich, der Belastung und der Hitze ein wenig Tribut zahlen.

Danach kam es tatsächlich, wie bisher auf allen Reisen, als würde ich in ein Loch fallen, eine nicht zu definierende aufkommende Traurigkeit. Und an dem Tag als ich von Oppenheim losfuhr, in aller Herrgottsfrühe, empfand ich neben dieser Traurigkeit tatsächlich ein Moment der Einsamkeit.

Darauf hätte ich gerne verzichtet. Es kommt, es drängt oder zwängt sich auf, ist unerklärlich, und doch sicher aus dem Unterbewusstsein gesteuert. Ein stiller Schrei.

Nach dem bedächtigen einpacken und den nicht wirklich genossenem Frühstück, ohne Kaffee, ohne die aufgehende Sonne über dem Rhein in Ruhe genießen zu können, trat ich langsam in die Pedalen.
Nach den ersten Dutzenden Kilometern löste sich dieser Stein im Magen, blieb mit einwenig Irritation und einem leicht faden Nachgeschmack zurück.

Seit dem löst sich von Stunde zu Stunde von Tag zu Tag und von Kilometer zu Kilometer dieser Klotz.

Ich hatte schon öfters diese Erfahrung gemacht, jedes Mal mit diesem Unwohlsein und fragend: “Ich kann doch nichts daran ändern?”.
Begleitet diese Sehnsucht das Fernweh? Begleitet diese Sehnsucht die Suche, die Fragen die man sich auf solchen Reisen stellt?
Ein zweites „Phänomen“ solcher aufwändigen, zehrenden Reisen – es ist eine Klausur (Das kann man mit gutem Gewissen so sagen – man quält sich, den Körper, fordert sich, seinen Geist, sein Durchhaltevermögen heraus)

Meditation bis Trance:
Ich mache das: ich hatte es mir vorgenommen: ich wollte zum Beispiel heute Breisach erreichen, und habe mich in einem gleichmäßigen Tritt, immer gleichen Geschwindigkeit und Rhythmus, wie in Trance, einer Mühle gleich, gegen den Wind gelehnt und nach vorne geschraubt.
Einfach weiter fahren. Eine Einmann Galeere, Trommler, Ruderer, Kommandant, Peitschenschwinger und Wasserträger in einem.

Es gibt dann den Moment, beim fahren, bei dem die Geschwindigkeit egal ist, Hauptsache es geht voran. Mit vollbeladenem Rad, steile Rampen, auf Schotter hoch, glücklich mit 4-5 Stunden Stundenkilometer überhaupt nur an- weiter oder durchzukommen.

Das sind nur wenige, schwer zu beschreiben, persönliche kleine Erfahrungen oder Einblicke die ich euch da geben kann.
Und ich möchte auch nicht unerwähnt lassen wie viele Störche, Reiher riesige Karpfen, Bussarde ich gesehen habe, wie sehr es mich erfreut hat durch die wunderschönen Landschaften, von Winzern, Bauern, Waldarbeitern gepflegte Wiesen, Auen, Felder zu streifen und den Tieren, ihr Zirpen, ihr muhen und blöcken, krähen, zwitschern vernehmen und lauschen zu dürfen.

Ach ja und es gibt ganz viele wilde alte Obstbäume, Apfelbäume, Pflaumen und Birnen. Und heimlich nahm ich mir einen von diesen zart grünen nicht allzu großen Äpfeln, frisch vom Baum. Wie bekannt ist bin ich im Grunde allergisch gegen Äpfel. Doch hat es mich gereizt. Er hatte eine vornehme zurückhaltende Süße, eine leichte Säure und ein starkes kräftiges festes Fleisch. Toll. Ein Apfel. Natürlich, ehrlich, sauber, frisch. Und für mich bekömmlich. Anders als die geklonte Ware bei Rewe, Lidl, Aldi und Konsorten wurde er in Sekunden schneller, an jeder Stelle des frisch heraus gebrochenen Fruchtfleisches braun. Eine Oxidation in Sekundenschnelle. Ich danke für den Genuss.

Das Land hier den Rhein rauf ist eine Reise wert.

Ich brauche bald neue Sonnencreme, sehe sowieso schon aus wie ein kleines Streifenhörnchen. Betonung steht auf klein. Braune Arme und braune Knie. Wie gesagt in den nächsten Tagen werde ich Basel erreicht haben, noch einen Schwenk vielleicht Richtung Konstanz, und mich dann auf dem Weg Richtung Donaueschingen an die Donau machen. Ich bin sehr gespannt wie sich da die Landschaft zeigt und entwickelt. So jetzt habe ich ziemlich lange hier gesessen und gesprochen, in mein Telefon geschrieben und diktiert. Verzeiht bitte die Rechtschreibfehler,

In den Anhang lege ich euch noch ein paar Bilder, einen Link zu Komoot auf den ihr meine Tour verfolgen könnt, und dann verbleibe ich mit den besten Grüßen, ich muss noch kochen, brauche noch ein paar Kalorien (ne Kohlenhydrate)

Genießt jeden Tag,

https://www.komoot.de/tour/41691072?ref=itd

Beweggründe:…Flucht oder auf der Suche?

Meine Reise 2011 – erstmalig – und ohne jegliche (Motorrad-) Kenntnisse bin ich auf einer alten BMW, meiner Rosa, durch die Türkei und den Iran, über Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan und Kirgistan, über den Pamir bis an die chinesische Grenze gefahren.

Ich schrieb damals meine Erinnerungen auf. Meine Reise – die Geschichte eines Ausbrechens, eines Aufbrechens und eines Heimkommens.

War es eine Flucht ?

Ich könnte es ja einfach so stehen lassen. Es wäre einfach. Ja… bin einfach abgehauen..und einfach losgefahren..und weg war ich.  Aber so einfach ist das nicht. So einfach lässt man nicht seine Freunde, seine Familie und seine Liebe zurück, und stürzt sich ins Ungewisse, ins Unbekannte.

Dazu muss es Gründe geben.

27 385 Kilometer. Und dann ? was war dann ? was war davor ? warum macht man das ?

Man begibt sich auf eine Suche? man sucht nach einer Antwort. Der Antwort woher man die Kraft nimmt, den Mut und den Willen    –  alles zurück zu lassen

Man beantwortet auf einer Reise die Fragen – die aus seinem Leben, aus der Reflektion seiner “Gegenüber”, seiner Familie, seiner Liebe….entstanden sind.

Man geht, alleine reisend, in Klausur.

Früher oder später kann man diesen Fragen nicht aus dem Weg gehen,- muss sich diesen Fragen die das Leben einem stellt stellen. Und das ist verdammt spannend.

Auf meinem Rückweg, über Kasachstan, Russland, der Ukraine, der Krim, Rumänien und Ungarn erfuhr ich die Antworten, mit jedem Kilometer sich langsam seiner Heimat nähernd, tagelang, stundenlang einsam auf dem Bock… unglaubliche Erfahrungen.