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Gegen den Wind

Gegen den Wind
22.4.2019
Es war ein brutal harter Rad Tag. 40 km gemütlich warm gefahren, entlang der Donau, Kurbad Deutsch Altenburg, Hainburg bis nach Bratislava (Pressburg).
Ich versüßte mir den Tagesbeginn nach guten 10 Kilometern, an diesem frühen Morgen, in dem Kurort, noch mit einem Kaffee. (2,80€ ) Brachte nach der Bestellung im Hause, dem freundlich guckenden, offen wirkendem Herrn auf der Terrasse auch ein Sitzkissen mit heraus. Eine wunderbare Plauderei begann.
Ein Unterschied zwischen Mensch und Tier, die Phantasie, das eigene Denken und kombinieren. Das die Schule das tötet. Den offenen, jungen, unverdorbenen Geistern nicht die Selbstständigkeit fördert, sondern dass Unterordnen und Auswendig lernen.
Du bist hier im Land der Römer, sagte er- zeigte auf alle Himmelsrichtungen, erwähnte Orte, Zeiten, Hinterlassenschaften, du fährst hinein in die Gebiete des römischen Reiches. Ich sagte, dass ich der Sonne entgegen fahre, das neben den Spuren der Römer schon so viele Stämme, Generationen, Völker Ihre Spuren hinter lassen haben.
Wanderungen sind Begegnungen. Austausch von Wissen, Einfluss auf Kulturen, der Weinbau, Entwicklungen. Menschen sind gewandert, haben gelernt und gelehrt.
Er sagte, dass er glücklich sei. Glück und Zufriedenheit. Dass er verstanden hat was Glück, glücklich und Zufriedenheit bedeutet, wie er es annimmt und mit dem was er hat, zufrieden ist.
Morgens, sagt er, sieht er aus seiner Wohnung die Sonne im Osten aufgehen und Abends aus dem anderen Fenster die Sonne untergehen. Die Welt dreht sich, es geht weiter. Er braucht nicht viel und es reicht ihm was er hat.
Zum Abschied schenkte er mir eine römische Münze.

Pressburg. Slowakei
Ich schlendere durch die Stadt, gönne mir keine Touristensnacks, eine Touristenrestaurants, fahre raus aus der Stadt, auf der Suche nach einem schönen Rastplatzes, frage mich ob ich mir noch Brote schmiere, oder etwas dazu kaufe, werde von der Navigation geschickt durch Wohnviertel, Industrievororte und Baustellen gelotst.
Ende des Stadtgebietes, Ende eines Hafenseitenarms, Beginn einer unglaubliche weiten Donaudamm Radweges, Ort eines Imbisses, eines Biergarten, eines verlockenden Rastplatzes.
Ein Ort mit Küche, Sonnenschirmen und sauberen Toiletten. Ich ordere ein Fischsuppe, etwas Huhn, Brot, Krautsalat, spüre die wohltuende Kraft der heißen Suppe.
Ich schaue mich um, sehe die Radler die Ausflügler, die Spaziergänger, die Aushilfe die Bedienung.
Ich muss leider weiter.

Tour des Leidens und der geforderten Diziplin.
Ich komme auf den Damm. Die Navigation App, sagt, sie sind zurück auf ihrer Tour, die Navigation wird fortgesetzt, folgen sie diesem Weg 46 Kilometer.
Whow das ist mal eine Ansage.
Dann schlug das Schicksal, meiner begehrlichen Blicke auf die Kellnerin vielleicht, unerbittlich bestrafend zurück.
Über 40 km nur noch ein erbarmungsloser Gegenwind, Böen über 40 Stunden Kilometer, unablässig von vorne. Keine Deckung, kein Schatten. Diesmal nicht kalt, dafür aber beständig hart. Ich habe teilweise nur mit Mühe, im fünften Gang, (von 14) eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 9-12 Stunden Kilometer, aufrecht erhalten können.
Monotones drücken, treten, mal geduckt, mal gestreckt, denn Atem kontrollierend, den Blick nach vorne, stumm, nicht denkend.
Ein bis in den Horizont sich nicht endendes graues Band. Flankiert von einem betonierten Uferrand, einem Damm, in einer langen, unendlich gerade gezogenen Linie zu einen, einer ländlichen, einfachen Landschaft, mit großen Feldern, ohne Auflockerungen zu anderen.
Gute 4 Stunden zog es sich dahin bis mein Navi sagte, in 4,8 Kilometer links halten. Dann waren es nur noch eine halbe Stunde, und eine weitere halbe Stunde bis zur Pension, einem Bier, einer heißen Dusche und schmerzlindernder Salbe für mein Knie.
Morgen soll zu dem ein Regenschauer auf uns zukommen.
Ich werde morgen einen Ruhetag einlegen, koste es was es wolle.
Dazu dieses Lied

Budget…Kosten und koste es was es wolle

Andere Reisende 23.4.2019

Andere Reisende, ja wie machen die das ?
Ich verzichte morgens, aus reiner Zeitersparnis, Faulheit, auf einen frischen Kaffee, mir reicht Saft, auch klares Wasser.
In Krems traf ich auf eine blonde, sehr hellhäutige, sehr stille, radfahrende Frau. Mittleres Alter. Sehr minimalistisch. Sehr kleines Zelt, Taschen doch auch voll und hoch bepackt, ich sah sie nicht kochen. Sie grüßte nicht, sie sprach nicht, sie verabschiedete sich morgens nicht. Verbissen, Augen oft kneifend, Lippen gepresst, sortierte sie, scheinbar einem inneren Plan folgend ihre Sachen, kontrollierte jedes Detail zweimal, steckte es weg, überlegte, ging dann strebsam, zielgerichtet auf den nächsten, einer wohl stark eingeübten, zurecht gelegten Reihenfolge, Arbeitsgang über.
Dann war sie weg.
Ich weiss nicht woher sie kam, wie weit sie will.
Was ich gesehen habe, sie kaufte sich Obst, benutzte einen Campingplatz, nutze Strom und Bad.
Kosten ca. 15,-€ in Österreich.

Dann habe ich Jan aus Bonn kennengelernt. Ansteckend unbeschwert, offen, zuversichtlich, ohne feste Route, mit einer Idee Australien zu erreichen, sprintet er in den Tag. Tages Budget 5,-€. Angedachte Durchschnittsgeschwindigkeit 100 Kilometer am Tag.
Hart. Ich würde verhungern.
Verzichtet er? Vermisst er was? Er sagt, das ist sein Budget, damit kann er das Ziel erreichen. Ein paar Nudeln, Reis, Gemüse. Kein Hotel. Kein Campingplatz ist mit einkalkuliert.
Ein weitgestecktes Ziel. Kostet es ihn viel? Entbehrungen. Jan, wenn er es schafft, würde sein Ziel mit knapp 1800,-€ in einem Jahr erreichen. Das ist sein Ziel. Bestärkt es ihn so sehr. So kann er es erreichen.

Dann Carola.
Ungestüm, auch jung, motiviert, hat eine Idee, will unterwegs helfen, etwas Gutes tun, etwas bewegen, aufbauen, mit ihrer Reise verbinden, reist auch alleine.

Viele der Radler sind schnell. Ich kann nicht sagen ob sie getrieben sind, Strecke zu machen, voran zu kommen, ob durch die Anstrengungen freigesetzte Endorphine, Körpereigene Morphine, ihr Verhalten beeinflusst. Starten sie schon schnell, werden sie schneller, wird man unterwegs schneller, unruhiger?

Genau das möchte ich nicht.
Reduce Speed, sagten die Rad Nomaden, das war nicht nur ein Titel ihres Vortrages, das ist hängen geblieben. Das spricht an. http://www.reducespeed.de/
Dorothe Krezmar und Kurt Beutler. 160000 Kilometer in 10 Jahren. Ich möchte 18.000 Kilometer in einem Jahr schaffen und das kommt mir schon im Mittel sehr schnell vor.
Zur Zeit ist das, für mein Knie noch zu schnell.

Ich habe keine große Reisekasse, will sparsam sein, verzichte, campe, zelte gerne, esse Obst, koche das eine oder andere selbst, doch mit 5,-€ mit 10,-€ am Tag komme ich nicht aus.

Ein heißer Tag in Österreich, Stunden lang durch die Auen der Donau geglitten, über 50 Kilometer getreten, der Weg wechselt auf die andere Flussseite, eine Fähre steht zur Verfügung. Die Überfahrt kostet für Mensch mit Rad 3,80-€. Das Kaffee gegenüber, lacht, lädt ein, eine Pause ist notwendig, eine Toilette ist dabei, ein Wasserhahn, den ich nutzen kann meine Flaschen aufzufüllen, ich bestelle mir einen Eiskaffee. 5,80-€
10,-€ sind weg. Noch nichts gegessen, noch nirgends geschlafen, noch keine Toilette genutzt, keine Getränke, kein Obst, keine Sonnencreme, nichts weiteres – ich weiß draußen scheißt man in den Wald – aber nahe der Städte? Muss das sein?

Wegbeschreibungen

Wegbeschreibungen.
22.4.2019
Sachliche Wegbeschreibungen liegen mir nicht. Ich vergesse Fakten. Der Grad der Vergesslichkeit bezeugt für mich dann auch eher die Wichtigkeit oder Unwichtigkeit.

Durch ein Unglück, eine kleine Misslichkeit, oder war es zuletzt dann doch ein Missgeschick, war ich ungeschickt, habe ich mein Taschenmesser verloren, liegen gelassen. In Neuklosterburg, ich nutze eine hölzerne Tischgarnitur mit beidseitigen fest montierten Bänken, es war so praktisch und angenehm, die Sonne brach die Bäume, fand ihren Weg durch die jungen Triebe und Knospen, erwärmte den Platz zum Frühstück, Taschen sortieren und packen.
Der runde Griff, er liegt angenehm in der Hand, er birgt eine genügend lange Klinge, ist scharf, es ist leicht, war das Verhängnis. Es rollte vom Tisch. Es war aus den Augen, der Tisch war nach dem packen leer, ich hatte alles eingepackt. Das Messer ist weg. Schade. Es hatte mich auf schon so vielen Reisen begleitet.
Das Messer ist für mich wichtig. An Lage, Situation kann ich mich genau erinnern.

Unwissend, den Verlust noch nicht bemerkt, startete ich in den Tag.
Das war ein komischer Tag. Wien hatte ich gestern noch zu Fuss erkundet, soweit es ging, soweit ich gehen konnte. Mehr ging nicht. Nur einen kleinen Teil hatte ich gesehen, einen kleinen weiteren Teil wollte ich heute, vom Fahrrad aus, umherblickend, erfahren.
Der Start war noch verheißungsvoll, an der Donau entlang, den Donaukanal, dicht an Wien.
Doch der Weg war wie im Untergrund, dicht gedrückt an hohen Wänden, unter Strassen, über verlassene Uferpromenaden, Randgebiete, Nachts belebt, durch Bars, Graffitykünstler, Mondsüchtige.
Es war Ostern, es war ein Sonntag, stille auf den Straßen, ein paar Jogger husteten, keuchten. Am Ortsenden dann sammelten sich wieder viele Rennradfahrer. Wien, Österreich scheint ein sehr Rennrad affines Völkchen zu haben.
Und dann habe ich mich zu sehr auf die Planung meines Fahrrad Navigator verlassen, der Weg Richtung Slowakei, nach Bratislava. Pressburg.
Er führte mich durch Einöden, langweilige Straßen und immer wieder über die B9. Zum Glück ist heute am Sonntag nicht zu viel Verkehr gewesen da.
In Petronell Carnuntum beendete ich meine Tagestour, was für eine Name. Carnutum. Carnutum eine Legionsstadt der Römer. Wieder, und jetzt so deutlich, bin ich in das Reich der Römer eingedrungen. Ihre Spuren, werden mich ab jetzt noch, öfter, begleiten.
Ich nehme eine Zwangspause, der Sehnenansatz linkes Knie schmerzt,
Ich zog einen kleinen, noch nicht geöffneten, Campingplatz, mit Dusche, richtiger Toilette, und Strom der Wildnis heute vor. Man übergab mir den Zahlencode für die Türen und überlies mich dann alleine dem Schicksal.

(Es gab Nudeln zum Abendessen )

das Testament

Sarah Lesch
Dieser Song wird man in 100 Jahren noch hören können einfach Zeitlos <3 wer in noch nicht kennt, einmal reinhören 🙂 Ihr Traumverkäufer, Symptomdesigner Merkt ihr noch, was passiert? Wer hat euch das Land und das Wasser geschenkt, Das ihr jetzt privatisiert Ihr Heuchler, ihr Lügner, ihr Rattenfänger Ihr Wertpapierverkäufer Man hat euch Geist und Gefühl gegeben Und doch seid ihr nur Mitläufer Ihr großen, vernarbten, hilflosen Riesen Ihr wart doch auch mal klein Und jemand hat euch mit Schweigen gestraft Und ließ euch darin allein Und jetzt hört ihr nicht nur die Götter nicht lachen Ihr hört auch ihr die Kinder nicht weinen Und sagt ihnen weiter, es würde nicht wehtun Ohne es so zu meinen Macht ihr ruhig Pläne, ich steh am Rand Ich sehe euch und ich bin nicht allein Hinter mir stehen mehr und mehr Weltfremde Die passen auch nicht hinein Und jetzt wartet nicht auf ein versöhnliches Ende Den Gefallen tu ich euch nicht Kein Augenzwinkern, keine milde Pointe, Die das Unwohlsein wieder bricht Irgendwann werden die Götter nicht mehr lachen Und falls es mich dann nicht mehr gibt Hinterlass ich ein Kind, das sich selbst gehört Und dies unhandliche Lied https://www.youtube.com/watch?v=pBLJNe8hsKE

stehe vor Wien

20.4.2019
Vier Tage sind seit meinem letzten Eintrag vergangen. Es gab ein rauf und ein runter.
Mutig wollte ich weiter, meist gut gelaunt, erwartungsvoll, manchmal skeptisch, aber vorwärtskommen.
Von der Schlögener Schlinge, ehemals ein Bastionsort und Badeplatz der Römer, an ihrem nördlichen Verteidigungslinie, den Limes ging es nach Linz, zu Karl.
Ich schätze Karl, auch seine beim Lachen fast zugekniffenen freundlichen Augen, sein breites Lachen lässt ihn strahlen, für seine Bildung, sein Interesse und seinen Biss und Durchhaltevermögen.
Am meisten schätze ich aber seinen Blick auf die Welt.
Ich fahre der Sonne entgegen, sagte er, der aufgehenden Sonne, ich folge den Spuren der ersten Wanderungen. Die Sonne weckt, wärmt und strahlt Gutes aus. Ich spüre beim Aufbrechen die Kraft.
Und dann knallt dir unerbittlich durch das breite Tal der Nordwind entgegen. Nach kalten Nächten, die Muskeln steif von der letzten Anstrengung, die Sehnen gereizt, die Gelenke und meine Füße schmerzen, stemme ich mich gegen den Wind. Er will mir nur zeigen, dass er es mir nicht zu leicht machen will, auf den glatten Strecken, er weiss Mittags kommt noch die Sonne, genug sich zu erholen, er will mich zu Rast zu zwingen. Beharrlich trete ich weiter. Zähle Kilometer, Minuten, Abschnitte, will denken, mich ablenken.
Ein Fehler. Es ist ein Fehler auf die Uhr zu schauen. Die Zeit vergeht nicht, nicht schneller wenn man auf sie achtet. Alles kommt einem länger, schwerer, kälter vor.
Ich wusste es wird Phasen mit schwerem Gemüt, mit Einsamkeit, mit Zweifeln kommen. Ich wusste aus meinen Reiseerfahrungen, dass sie recht früh, das erste mal, kommen.
In Erinnerungen an die gerade fast fertig renovierte Wohnung, an mein Enkelkind – warum fährt man dann weg?
Aber das ist es nicht. Die Zeit vergeht. Vergeht und man muss sie nutzen, darf seine Zeit nicht verschwenden, sollte achtsam, behutsam sie einteilen…und sich bewusst sein dass man sie und nichts zurückholen kann. Respekt vor der Zeit, deiner Zeit die dir gegeben ist.

Und so trete ich weiter. Ich baue darauf, dass sich mein Körper mit den Tagen, mit den Anstrengungen, mit der Aufgabe wächst, sich regeneriert. Noch habe ich mich nicht ganz eingefunden. Suche in meinem Zeltlager den besten Ablauf für Aufbau und Abbau, für Platz und Zeit. Ordnung in 5 Taschen ist das eine, Gewicht, Nützlichkeit und Bedarf das nächste.

Ich hatte 2 Pakete Nudeln. Das ist ein Fehler wenn man nur eines kochen will, irgendwann, und ein weiteres noch überall und jederzeit nachbekommt. Ich habe immer noch 2 Pakete Nudeln, traue mich aber nicht eines weg zu schmeißen, vielleicht koche ich ja morgen ein Paket in Hainburg, mein nächstes Ziel, vielleicht ja. Gedanken am Rande, Gedanken auf dem Rad.

Was mich auch ein wenig belastet ist die nicht zu begreifende Dimension, die Entfernung, die Strecke. Ich staune wie Menschen reagieren, bin irritiert welche Fragen sie stellen, was ihnen zuerst einfällt, wenn ich ihnen sage, ich möchte mit dem Rad nach China fahren.
Sie machen sich Sorgen und Gedanken über Emotionen, fragen nach meiner Familie, nach meinen Freunden. Es ist schwer. Schwer zu verstehen, zu erklären.
Was sind schon die paar Kilometer, die paar Stunden.
Ich höre auf dem Campingplatz die Geschichte der Anreise meiner Platznachbarn. 6 Stunden im Stau, Stau vor Würzburg, vor Regensburg, vor Wien. Verdammt, was für ein Horror, was für ein Scheiss in der stinkenden Kiste, Stundenlang – und ich beschwere mich über Gegenwind, schmerzenden Beinen.
Ich möchte (muss) noch lernen mit der Zeit besser umzugehen. Meine Zeit fürs Rad fahren, für Pausen, für Besichtigungen, Zeit zum lesen, Zeit zum plaudern ungezwungener , freier, entspannter einzuteilen.
Ich weiss für mich, dass ich für mich auf einer Suche bin, einen eigenen, einen steinigen Weg gehe, dass er nicht bequem ist, aber dass er viele Sträuße freundlicher Begegnungen, Blumen am Wegesrand, ein Lachen, Umarmungen, Segen und vielleicht auch leid geben wird. Aber es wird sich lohnen.

Ich möchte in einem Jahr in Vietnam sein. Na gut. War halt so eine Idee. Wollte Zeit für mich haben, Zeit für meine Reise, Zeit für meine Suche und Zeit Fragen zu beantworten.
Jetzt habe ich ein Jahr Zeit, soviel Zeit. Sie ist nicht zu fassen diese Dimension und die Strecke, die Entfernung, die Größe dieses Unterfangen ist für mich nicht zu erfassen, zu begreifen.
Ich dachte ich rechne, errechne mir einen Schnitt, einen Durchschnitt und dann brauche ich mich nur noch daran halten.
Und dann ist es wieder da, das Zeit Problem. Fahre ich morgen nicht weiter, muss ich tags darauf mehr fahren.
Vielleicht hat mich dieser Druck, ein selbstgemachter, selbst gewählter Druck vor ein paar Tagen bedrückt, hatte mir den Spaß, den Genuss an eine schöne Landschaft, an ein tolles Radfahrwetter genommen.

Fakt:
370 Kilometer, 5 Fahrtage, 1 Freiertag seit dem 15.4.2019 (508 km seit dem 11.4)
sind 61 Schnitt am Tag. Ok – sagt auch noch nichts über die nächste Zeit aus.
Aber 360 sind 2/100 der gesamten Strecke. Ich habe 2 Hunderstel.

Ich fahre der Sonne entgegen.
Ich stehe vor den Toren Wiens.
Wollte sie heute erobern, aber sie hat mich erschlagen. An meinem freien Tag habe ich versucht Wien zu Fuss zu erkundet. So gut es ging. Für meine Füße war das nichts. Aber für mein Augen.
Wien ist groß, großzügig, breit, gepflegt und beeindruckend. Wien hat Bauwerke, Geschichte, Lebensstil, Wien ist teuer, ist angenehm, ist fein, ist sich dessen bewusst. Wien ist, alt, liegt da fett seit Jahrtausenden an der Donau, Sonnt sich selbstbewusst, lässt Kritik an sich abprallen, geniest selbst ihre eigene Ausstrahlung. arrogant. Und doch hat es Charme, hat es Ecken und Kanten. Gesehen habe ich nur einen Teil der Innenstadt, nur einen kleinen Teil. Köln ist dagegen Schrott, verbaut, untauglich. Wien leitet den Verkehr, gibt den Menschen Platz, Raum zum Leben, atmen, ist ästhetischer. Breite Straßen, Platz für Fahrradstraßen, breite Wege.
Aber teuer. Die Wachau, Wien ist teuer. Für uns nicht verständlich. Für mich zu teuer.
Ich fahre weiter, trotz Muskelkater, der Sonne entgegen, auf den Spuren der ersten Menschenzüge, der ersten Wanderungen, der vielversprechenden Sonne entgegen.

bon route

16.April 2019-04-16

Zeltplatz Schlögen, Österreich, an der Donau.
Sitze an einem Tisch des an den Campingplatz angeschlossenen Hotels.
Das Frühstückbuffet ist hier gar nicht so teuer, wenn man 3 bis 4 Säfte, 2 Kannen Kaffee trinkt, 3 Eier und gut 4 dick beladene Brötchen isst.

Der Nachtfrost der meine Lebensmittel, mein Frühstück, in den Packtaschen erstarren lies, trieb mich ins Warme und zum Wlan.

Die Nacht habe ich gut überstanden….
Ich gewöhne mich an die Größe des Zeltes, es ist viel kleiner als mein früheres Tunnelzelt, bietet keine nennenswerte Absiede, bietet aber selbst bei meiner Länge, und 4 Taschen im Innenraum genügend Platz.
Das Schwitzwasser und der satt durch feuchtete Zeltplatz lies Bäche kondensierten Wassers von der Innenseite der Zeltwand beim Aufstehen rinnen.

So fiel mir die Entscheidung leicht mich an dem Buffet gütlich zu tun und im Warmen abzuwarten bis die Sonne durchbricht und ich halbwegs angenehm mein Lager, später zusammen zu packen kann.

2 Tage hatte frei gemacht, das Wochenende über, war in Parschalling bei Rudi.
Ein angenehmer Einstieg in den 15 ten. Der 15 te der schon vor Monaten angesetzte Tag, Reisestart und Beginn der Auslandskrankenversicherung. Jetzt musste ich los, jetzt ging es los, jetzt musste ich raus aus Deutschland.

Und es war ein Sonnentag. Der Start noch bei wenigen Grad, ich rollte ohne viel Kraft, die Reifen knirschten bei den wenigen kleinen Steinchen die mal die Stille unterbrachen, eine schmale Landstraße, gesäumt mit lose stehenden Bäumen, heraus aus dem Dorf.
Der Nebel stand in den Tälern, die Wiesen waren in dem gedämpften Licht, die Sonne hatte noch keine Kraft durchzubrechen, grau, milchig, sanft. Die Farben und Konturen verschwammen, einzelne knorrige Äste der noch nicht belaubten Bäume ragten aus dem Dunst, die still in der Kälte verharrenden Halme des neben den Teichen stehend Schilfs am Wegesrand sehnten sich genauso wie ich nach den wärmenden Strahlen der Sonne.

Aber es lief.
Ich genoss ein zweites Frühstück mit Peter in Vilshofen, dann ein Eiskaffee in Passau, lernte ein junges französisches Pärchen mit Kind, Rad Artisten, auf dem Weg über den Eurovelo 6 nach Bulgarien, kennen.
Langsam kommt ein bisschen meiner Kraft und Kondition wieder. Stückchenweise wird es besser. Die Durchschnittsgeschwindigkeit stieg langsam, die Rampen taten nicht mehr ganz so weh. Und am späten Nachmittag, nachdem mich die Fähre auf das andere Donauufer rübergeholt hatte, mein Zelt auf dem Platz aufgestellt, eine heiße Dusche genommen hatte, konnte ich immer noch mit relativ aufrechtem Gang zum Restaurant gehen und mir zum Abschluss des Tages 1, ein dunkles Weizen gönnen.
87 Kilometer geschafft