Category Archives: Das Reisen und Erleben ….nach 2020

von Mölln nach Köln Skandia 8

Skandia 8

Schrecksekunden

Ich gebe etwas Gas, die Skandia hebt sich sanft aus dem Wasser, streckt sich in den bedeckten Himmel, der Motor dröhnt, einzelne Sonnenstrahlen blitzen von Backbord in das Ruderhaus, blenden, ich weiche einer gelb schwarzen Warnboje aus, die die Ausfahrt eines kleinen Hafen anzeigt, sie öffnete sich zwischen den sanften glatten Deich, kaum merklich, von großen alten Bäumen beschattet, einer mit vielleicht gerade einem duzend Liegeplätzen, höchstens vier Meter breit ist die Einfahrt, er lag versteckt und eingebettet in einem Hain schwerer Eichen.
Eine schnelle Reaktion.
Einmal hart Backbord, die Skandia hob sich weiter, legte sich leicht zur Seite, gutmütig, schwerfällig, doch ich kam kurz vor der Tonne rum, zielte mit dem Bug auf das Ufer ging dann auf hart Steuerbord, legte den Gashebel ganz runter, die Drehzahl, stieg von 1100 auf 2000 Umdrehungen, führte die Skandia mit 9 Knoten zurück, aus der Gefahrenzone in die Gewässermitte.
Dann blitze ein grelles rotes Licht auf. Radar. Ich wusste ich war zu schnell.
Der Lappen war weg.

Attila hatte gesagt ich müsste hin und wieder den Motor mal frei blasen, immer im Standgas fahren verstopft den Motor.

Dann wachte ich erschrocken auf. Der Wecker klingelte, 6:30 Uhr.
Glück gehabt. Und doch denke ich daran als wäre es wirklich so geschehen. Ich hatte nur ein Glas Rotwein, eine verheerende Wirkung, wenn es daran liegt, das ich so Träume, die Tage, das Gesehene, das Erlebte so heftig verarbeiten.

7:44 Frühstückstisch
Der Himmel bedeckt, grau, mäßiger Wind, es regnet, es ist trübe.
In der Nacht noch war es trocken und verhältnismäßig warm, barfuß konnte ich über das Deck gehen, den Sternenhimmel beobachten, die Nacht davor eiskalt, im Morgengrauen war der aufsteigende Nebel, heute so scheint es wird so traurig bleiben.

Vorsichtig fahren ist die Devise.

65 km ging es heute, aus dem Mittellandkanal heraus, und dann noch weitere 2 km in den Dortmund Emskanal. Anlegen auf 26 1430 UTC September, 52 ° 15,318N 7° 38.094 E
Somit 6,5 Stunden Fahrt für 65 Stunden Kilometer. Das reicht an Strecke und es ist sanft im Verbrauch.

Ansonsten:

Es gibt Leute die lieben die Kanalfahrten, es gibt Leute die langweilen sich zu Tode, man musste kaum jemandem ausweichen, nicht anlegen, man hatte keine Schleuse, der Himmel war bedeckt, vereinzelte Spaziergänger, Hundebesitzer, ein paar Angler waren verstreut am Ufer, keine weiteren interessanten Ereignisse.

Ohne Radio, ohne Telefonate, ohne Gedudel, die Zeit erleben, einfach sein, ein bisschen den Hund streicheln und zwischendurch den Mitfahrer an schnauzen.
Schon sind 7 Stunden um.

Und noch sieben Schleusen liegen vor uns, in kurzen Abständen, hüpfen wir runter. Aber das beginnt alles erst ab morgen. (Es gibt keinen Rotwein mehr an Bord, das bleibt auch so)

von Mölln nach Köln Skandia 7

Guten Morgen. Losmachen der Leinen im Morgengrauen, ablegen mit den ersten Sonnenstrahlen. Das Deck ist noch gefroren. Pott Kaffee steht bereit. Paul steht Wache an Deck. Mit halber Kraft voraus. (Marschgeschwindigkeit 10 km/h)

Skandia 7

Gefrorene Eistropfen entlang der Reling reiben an den Handflächen, eiskalt, der Weg zu den Festmachern glatt und nass, aus dem frühen Morgennebel erkennen wir nur schwach merklich das aus der Ferne sich mit leisen dumpfen Rumoren nähernde Frachtschiff. Ist es noch zu früh um abzulegen? Der Schleier des Morgen waberte über die Felder, durchdrang die säumenden Bewaldung und fiel dicht auf das vor uns liegende Wasser. Unser Blick durchdrang nur wenige Meter.
Einen Moment warteten wir noch ab, hofften auf einen auffrischenden Windstoß, Sonnenstrahlen die den Nebel auflösen würde.
Voller Zuversicht und in der Hoffnung dass der Blick sich hinter den nächsten Metern öffnete starteten wir, um 8:00 Uhr , mit der Skandia entlang der goldgelben, maronenbraunen und blutroten, herbstlichen, den Kanal säumender, Laubbäume, in den Tag.
Einzelne Blätter, kürzlich in den Morgenstunden von einer leichten Brise auf das dunkle gräulich Nass frisch gefallen, tanzenden und drehten sich langsam zwischen den Wellen und geleiteten vom Bug geschoben wippend zur Seite.

63 Kilometern heute.
Reisen, fahren, sinnieren, abwechselnd lenken und achtsam sein, dann Kaffee trinkend mit einem Buch in der Hand die niedersächsische Landschaft vorbei gleiten lassen, einnicken von dem gleichbleibenden klopfen des schweren Diesels besänftigt verträumt aus dem Fenster schauen.
Geht doch.

Wir hätten noch ein gutes Stück weiter fahren können, es war vor drei Uhr, als wir uns entschlossen den Anleger bei Bad Essen zu nehmen und den Nachmittag noch für ein paar Besorgungen zu nutzen.

Neben den wichtigsten Lebensmitteln holten wir auch noch mal 5 Liter Wasser zum Kaffee und Tee kochen… das reicht erstmal.

Heute gab es ein Ankerbier und ein Standheizungsreparaturbier, das war notwendig, denn es wird bitterlichst kalt in der Nacht und nachher keinen Rotwein, der ist zum Glück auch alle- besser so, denn die letzte Nacht war auch wieder leicht „unterbrochen“.

Gute Nacht

( und ja heute ging es über die Weser … ein richtiges Autobahnkreuz für Schiffe, das war verdammt beeindruckend)
T

von MölLN NACH KÖLN – SKANDIA BERICHT 6

Skandia 6

Ich vertrage keinen Rotwein. Ich mag ihn, gerne kaufe ich mir hin und wieder eine gute Flasche, einen Franzosen, auch gerne einen Italiener. Von den deutschen Rotwein bin ich bisher noch nicht so überzeugt. Auch die von der Ahr empfinde ich etwas überbewertet.
Macon, maconaise, das Burgund, das Rhonetal, Chateau Nerv die Pub, (diesen Diktierfehler verbessere ich nicht) und manch eine andere Region, die ich genieße, die ich gerne bereise, la vie en rose, Leben wie Gott in Frankreich, und all der Käse dazu, aber ich schweife ab, liebe ich. Es sind die Noten des Rotweins, ob es pfeffrige, ledrige, rauchige Noten sind, das Grün der Paprika, die fruchtigen Noten der dunklen Früchte, beerig, und der Schmelz, ja das schätze ich, aber ich vertrage keinen Rotwein. Ich kann nicht von ihm lassen, wenn das Essen darauf abgestimmt, mit Käse, einem guten Braten, oder wie gestern Abend es einfach an der Zeit war mir eine gute Flasche zu gönnen. Immerhin bin ich fast 2 km bis zu einem Einkaufsmöglichkeit gegangen, musste 9 l Wasser tragen, Brot, der besagte Käse, Und dazu passte einfach ein guter Wein.
Er schlägt mir nicht auf den Magen, mir wird nicht schlecht, nein, ich träume davon, viel, oft aufregend und wild, und schlafe schlecht.

0:30 Uhr, das kommt davon wenn man dann auch noch früh ins Bett geht, sich den Wein hingegeben hatte, ausreichend bettschwere erreicht, und dann pinkeln muss.

Etwas Gutes hat alles, (ich möchte nicht sagen alles Schlechte hat sein Gutes, denn es ist so n dem Fall nicht treffend) Denn um halb eins , ich verließ das Boot, glänzte ein außergewöhnlicher Sternenhimmel, brillant, im wahrsten Sinne des Wortes sternenklar, den Weg, den Kanal, das Boot erhellend, und es glitzert für überall.
Eine Eisschicht bedeckt da die Nautic hat, den herbstlichen Boden, und reflektiert in tausenden kleinen Lichtern den Sternen Himmel und das Anker Licht. So schön.

Ein Routine Tag begann nicht. Denn der Rotwein tat weiter seine Wirkung, ließ mich um 2:00 Uhr wieder erwachen und bis 4:00 Uhr das erste Kapitel aus dem neuen Buch, jetzt Hemingway, in Ruhe lesen. Das war gut. Das war meine Schrift Sprache, die ich mag, der ich gut folgen kann, auch in der Nacht, auch nach einer halben Flasche Rotwein, das Thema packte mich. Es sind Kurzgeschichten. Und ich freue mich auf die nächste.

Zu wenig Schlaf. Etwas angestrengt kämpfte ich mich morgens zum Frühstückstisch, erwartete meinen Kaffee, er war noch nicht fertig, nur die Maßregelung wann ich denn endlich aufstehen möchte, für wann ich den Wecker gestellt hätte, blieb in meinem Ohr hängen. Das war mir sowas von egal. Auch wenn es notwendig ist pünktlich aufzustehen und mit aufgehender Sonne startbereit zu sein, denn es bleiben nicht viele Stunden bevor die Dämmerung wieder einsetzt.

Im Schnitt fahren wir so um die 10 km die Stunde, vielleicht auch mal zwölf, aber für ein ruhiges Fahrverhalten und ein ökonomisches bleibt die Drehzahl zwischen 800 bis 1200 Umdrehungen die Stunde und Dann gleitet die Nauticat mit ihren 8 t sanft durch das gräulich grüne Wasser des Mittelland Kanals.

Die Skandia liegt jetzt auf Kilometer 123,5 des MLK, hinter Hannover, wieder an einem Festmacher, das ist eine ungeschützte, seitlich befestigte, Spundwand, mit vierhalte Möglichkeiten, aber dem Wellengang vorbeifahrende Frachtschiffe ausgesetzt.

Ich bin kein Freund der Kirche, aber ein Freund der Kirchenglocken, und seit sehr langer Zeit, höre ich hier, fallen mir auf, an dem Festmacher, das schlagen der Glocken einer Kirchturms Uhr, den viertel Stunden Schlag, den halb Stunden Schlag und die Ankündigung zu den vollen Stunden. Ich verbinde damit nicht wirklich die Kirche, sondern eher die Dörfer, die Dorfgemeinschaften, das Verbindende.
Ja es hat das Stündlein geschlagen. Fast.
Es war heute aber nicht ein Stündlein dass uns geschlagen wurde, sondern Sekunden, die wie Minuten, wie Stunden einem vor kamen,sehr hektische, aufregende, der Puls schoss hoch auf 180, Kommandos wurden gerufen, geschrien, und alles lief extrem schnell ab. Mehr möchte ich gar nicht sagen. Verschämt. Damals hat mir mal jemand gesagt, das ist hin und wieder gar nicht so verkehrt ist eine „solche“ weckende, mahnende, an alle Gefahren erinnernde Ohrfeige zu erhalten. Sie wird einen erinnern, schützen, uns einen später noch sorgsamer arbeiten lassen.
Es ist beinahe was passiert, es ist durch beherztes Eingreifen, schnelle Reaktion, auch Glück, alles gut gegangen.
Niemand und auch das Boot hat keinen Schaden erlitten, die Atmung hat sich nach kurzer Zeit beruhigt, der Puls ging runter, man hat nur noch mit dem Kopf geschüttelt.
Wir sprachen drüber wie es geschehen konnte und es war nicht wirklich nachvollziehbar doch plötzlich setzte etwas ein, dass bedrohlich war, schlecht hätte ausgehen können, dass wir nicht durch eine Handlung tatsächlich ausgelöst haben, das muss betont werden, das es eine Verkettung unglücklicher Zufälle, einfach Pech war, doch durch die richtigen Folgeentscheidungen und Handlungen letzt endlich doch glücklich endete.

Danach tuckerten wir einfach weiter.
Es ist also nichts passiert.

Vergessen wir das also- und schweigen.

( ich habe noch eine Flasche Rotwein, mnh? Oder sollten wir heute lieber einen Weißen aufmachen?)

Th

von Mölln nach Köln – Skandia Bericht 5

Skandia 5

Ich wachte auf, wollte auf die Uhr schauen, mich aus der Achterkabine schleichen, Paul zuckte nicht mit einer Wimper, er blieb müde liegen, auch wenn sicher ist das er jede meiner Bewegung verfolgt, draußen ist es stockfinster, in der Nauticat glimmen nur ein paar kleine Dioden, von draussen dringt durch die Dachluke über dem Ruderhaus ein paar Strahlen des Ankerlichts, reflektiert auf den hellen Baumwollvorhängen, schimmert, füllt den Decksalon mit dem Steuerstand mit einem ganz sanften, zarten, kaum merklichen, einem zauberhaften Licht.

5:30
Ausgeschlafen. Ich weiß es nicht. Bleibe auf. Putze mir die Zähne, koche mir einen Kaffee, setze mich neben die Kombüse, und beginne zu schreiben.

Ich hoffe auf eine gute Stunde Zeit für mich allein, ohne Ablenkung, unbeobachtet, dann gibt es Momente, dann kann es sein dann fließen die Gedanken, blitzen Themen auf, ich erinnere mich was ich noch sagen, schreiben wollte.

„*Die Farbe in der Schleuse ist ein tiefes, dunkles fast schwarzes Umbra.“

Und endlich habe ich das Buch geschafft. So früh ist es schon dunkel, man hat soviel Zeit zum lesen, doch habe ich mich quälen müssen durch zu kommen, fertig zu werden, teilweise tagelang habe ich es nicht angefasst, so hat es mich bedrückt.
Es ist so aktuell, so wertvoll und gut geschrieben, ein gutes Werk, hervorragende Studie, Beschreibung der Charaktere, es ist drohend, mahnend und erinnernd.

Was freue ich mich jetzt auf etwas triviales, lockeres. Das ist frech, denke ich kann von Hemingways Kilimandscharo schon etwas gut geschriebenes erwarten- Hans Fallada s „ Jeder stirbt für sich allein“ geht, ging unter die Haut, machte traurig, beängstigte, lies mich erschaudern. Geschrieben als Roman nach einer wahren Begebenheit.
(wichtig ist das es eine neu aufgelegte Urfassung des Schriftstellers gibt- nicht die zensierte, geglättete der ersten Ausgaben)

Frühstück.
Es ist immer noch stockdunkel.

Ich schalte das Radio mal an. Das erste mal.
Es erschaudert mich wieder. Es wird von einem Fernsehspiel von einem von Schierra gesprochen – das Recht darauf sein Leben zu beenden, dann das die Minister der Länder die Maßnahmen zu verschärfen, wer wann wo überall eine Maske tragen muss- ich frage mich warum die Gesichtsbedecker, sie nehmen das Antlitz, hindern die Wahrnehmung, die Kommunikation aber halten keine Viren auf… alles in Deutschland wird in DIN in Regelwerken, alles wird getüvt, für alles legen Fachleute Gutachten vor, aber es interessiert niemanden ob man einen Strumpf, ein Apfelsinen Netz oder eine richtige Maske mit fp4 trägt. Der Mund und die Nase muss bedeckt sein. Kinder wachsen in einer gesichtslosem Welt auf.
Die Menschen werden verängstigt, mit falschen Interpretation der Zahlen.
20.000 neue Infizierte täglich, dann 15.000, dann sollen es wieder neue Spitzenwerte sein, seit Wochen und Monaten. Zwanzig tausend mal einen Monat sind 600.000 Infizierte. Wo sind sie denn, wo bleiben sie, was wurde aus ihnen? Nichts.
Laut RKI sind 3600 Menschen tatsächlich in Behandlung, ca. 2000 intensiv . 11.000 Intensiv Betten stehen zur Verfügung.
0,357% der Bevölkerung sind zz tatsächlich betroffen… 99,64% der Bevölkerung wird kaserniert, tausenden die Existenz zerstört, und und und.
Heute dann der Lauterbach: er kann sich vorstellen dass Sporttreiben auch verboten wird. Nach Kneipen, Restaurant, Clubs, Cafés, Vereine, Reitsportuntericht im Freien, alles verboten.alles verboten was Spaß macht.
Macht das Sinn?

Wir sitzen auf der Skandia, haben den Mittellandkanal erreicht, die nächste Schleuse kommt erst morgen, 15:00 wollen wir anlegen. Ein Traumtag, wenige Wolken, trocken und klare Luft, der Motor schnurrt, das Hydrauliköl der Steuerung muss kontrolliert werden, ein wackler in dem Toilettenlicht ist erfunden worden, zwei lose Schellen an den Frischwasserleitung angezogen. Weiteren Defekten sind wir auf der Spur.
( Pedro: hast du es bis hier hin ausgehalten? Bleib dran. Du gewöhnst dich noch an das lesen)
15:30
Anlegen an einem Yachthafen. Wieder alles geschlossen, kein Wasser, kein Strom und kein Ausgang. Wir fahren 800 Meter weiter, ein Anleger, auch für große Schiffe, auch ohne Strom, aber nah an der Fahrrinne. Eine schaukelige
Nacht kann kommen.

72 Kilometern heute geschafft. Das war ganz gut, und das bei nur 1000 Umdrehungen
Kilometern 184 Mittellandkanal
Flasche Rotwein im Ort geholt und 9 Liter Wasser für den Kaffee die nächsten Tage.

Läuft

Noch etwas: Wir werden nicht verdursten! Wir werden uns nur nicht mehr waschen, und nicht mehr spülen. Und zweitens: die Toilette braucht kein Wasser, sie zieht sich das von draußen. Ich sag doch es läuft

von Mölln nach Köln – Skandia Bericht 4

Skandia 4 / 22.11.2020

15:30
Die Skandia macht fest bei Kilometern 24 auf dem Elbe Seiten Kanal.
Niemandsland. Das nächste Bauernhaus ist weit entfernt. Flaches Land, Äcker umgeben uns Das Telefonnetz bricht regelmäßig ab.
Weiter geht es heute leider nicht mehr. Wieder eine Nacht ohne zusätzlichen Strom, was uns nichts ausmacht, die Nauticat ist recht autark, aber der Anleger 24 Kilometern vor der Einmündung in den Mittellandkanal ist auch ohne eine Wasserversorgung. Noch kommen wir aus, doch betrachten wir den Füllstandanzeiger mit etwas Sorge.

Bis zu dem nächsten Jachthafen, gute 30 Kilometern, hätten wir aber auch nicht mehr, die Dämmerung setzte bald schon ein, schaffen können.

Alles nur weil man uns eine zweieinhalb stündige Entspannung, mentale Vorbereitungsphase, vor der Schleusung gönnte und uns pausieren lies.
Mit dem Blick auf das kolossale Bauwerk, 28 Meter Hub, eine Betonschlucht, nass, kalt, schwarz bis in ein tiefes oliv braun, schmierig, Schlick der die Wände bis zum Himmel bedeckt, verging das warten, die Zeit,bis zur Aufforderung in den Tempel einzufahren, wie im Flug.

Ein großes Schubschiff fuhr voran, sein Schraubenwasser rumorte, brodelte, trieb die Nauticat mit ihren zehn Metern und fast acht Tonnen wie eine Feder über einem Badewannen Abfluss. Abstand halten, warten, langsam nähern.

Und es ging.
Es ging gut.
Es läuft.
Ab jetzt sind wir entspannter.

Paul erkundet neben dem Festmacher die Felder.
Jetzt ist es zehn nach vier.

Zeit fürn Bier.

Gerne nehmen wir morgen früh gegen 7:30 Uhr frische noch warme Brötchen an- wenn einer zufällig hier vorbei kommt ( also ich meine an einem guten Bäcker vorbei kommt)

von Mölln nach Köln – Skandia Bericht 2 + 3

Skandia 2
20.11.2020

Stürmisch war der gestrige Abend noch, regnerisch die Nacht, die Standheizung rauschte leise, auf halbe Kraft, blubberte vor sich hin, erwärmte die Skandia zu milden Temperaturen, erträglich frisch.

Hunderte Gedanken, kamen, gingen, schossen mir in der Nacht noch durch den Kopf. An was muss ich denken, auf was muss ich noch achten, Öltemperatur, Funk einrichten, Funktionstüchtigkeit der neuen Toilette, gps Signal, war der geschriebene Text gestern gut? Konnte ich all meine Aufregung zum Ausdruck bringen? und vieles mehr, würde ich mich mich am Morgen noch an alles erinnern?

Freitag morgen 7:00
Langsam brach die Sonne durch, Möwen, viele duzend, sie verbrachten ihre Nacht neben uns auf dem Steg, wachten mit uns auf, schrieen erregt, weckten mit den ersten Sonnenstrahlen ihre Artgenossen und uns.
Strahlend blau der Himmel. Ein guter Tag die Reise zu beginnen.

Paul freute sich, die Nacht über war er still, schnarchte leise vor sich hin, jetzt wurde er lebhaft, herzlich stupste er uns an, gab seine Einwilligung zum Aufstehen, Tür öffnen, spazieren gehen und pinkeln.
Ich wollte erstmal einen Kaffee.
So unterschiedlich sind die Bedürfnisse an Bord.

Viertel nach Zehn, mit fünf Knoten, das erste Ablegemanöver klappte reibungslos, knappe zehn Stundenkilometer schnell, bei nur tausend Umdrehungen geleitete die Skandia, zu viert, wir starten mit dem ehemaligen Eigner und seinem Vorschoter zusammen aus dem Möllner Ziegelsee in den Elbe Lübeck Kanal.

Zwei Schleusen und 39 Kilometern weiter erreichen wir, mit unseren Leistungen und Nervenstärke zufrieden Lauenburg.
Schade dass wir so wenig Zeit haben. Zuwenig Muße für die Altstadt. Morgen früh soll es schon frühzeitig weitergehen, die Elbe überqueren und zum Schiffshebewerk. Die Anspannung ist noch nicht gewichen, Bilder der Kanalfahrt, von der sich leise nähernden Nauticat aufgeschreckten aus den Schlaf gerissenen Enten, schnatternd, mit den Flügeln hektisch schlagend, wie sie vor uns starteten, aus dem bleiernden ruhig stehenden stillen Kanal mit ihren Flügeln die Wasserfläche in der tiefstehenden Sonne zu tausenden klaren, glitzernden, herumfliegenden glänzenden Diamanten aufschlagend und sich lauthals über die Ruhestörung beschwerend davon machten.

Wir werden noch ein paar hundert Kilometer vor uns haben, ich weiß noch nicht welches Bild mir morgen imponiert, an welches ich mich morgen gerne erinnern werde.

Heute liegt die Nauticat in Lauenburg. Wir aßen gemeinsam, tranken unser Anlegebier, genossen noch eine der letzten alten Flaschen Riesling aus eigener Manufaktur und erzählten uns ein paar Anekdoten, lachten über Sonderlichkeiten der Politik, der Werft und komischer Ansichten.
In einem waren wir uns einig- wir brauchen mehr Respekt der Umwelt, den Tieren, den Eigenart mancher gegenüber und überhaupt wo wird uns das alles hinführen?

Draußen friert der Steg.

Habt ihr den Mond gesehen? 21:00 Uhr? Tief gelb, fast rötlich, sehr groß und ganz ganz tief stehend!
Direkt hinter der Einmündung zur Elbe- zum greifen nah.
Wunderschön
t

Skandia 3 vom 21. November 2020

Der Schiffsarzt und der Vorschoter haben das Schiff verlassen. Gebt Ihnen keine Unterkunft und nichts zu essen nichts zu trinken. Wir werden das Anker- das „Anlege-Bier, vier Flaschen, jetzt ohne sie trinken.
Ich fange schon mal an.

Die Bug Kabine ist jetzt frei! Vorschoterin gesucht.
Gerne nehmen wir eine heimatlose junge Frau zum mitreisen auf, sie muss den Palstek können, leichte Anlegemanöver, darf uns nicht den ganzen Schnaps wegtrinken und sich nicht selbstständig aus dem Webeleinstek befreien können.

Ich beginne mit dem zweiten Bier.

Das war ein Tag! Ein bisschen trübe, die Sonne kam nie wirklich richtig raus, leichter Nieselregen, wenig Verkehr, und die Stimmung an Bord war bedächtig, einwenig verhalten. Gut, ja trotzdem, aber das große Schiffshebewerk, mit 38 m Hubhöhe, lag vor uns, heute lag es vor mir, es war mein Part die Skandia in diese riesige Wanne, hinter einem Container Schubschiff, zu fahren, an unzähligen armdicken Stahltrossen hängend, eine respekteinflößend architektonische und Ingenieur Meisterleistung, dort werden Schiffe mit hundert Metern Länge in einer Bütte voll Wasser gehoben.

Das wollten alle einmal erleben, mit erleben, und mit diesem Fahrstuhl hochfahren. Es gab sich niemand die Blöße zu kneifen, und es wurde auch stillschweigend, dem eigenen Unbehagen anerkennend, nicht gestichelt, das einer nicht übers Heck hinaus, nur noch von einem Stahlseil gesichert, wenige Meter vor der dem Abgrund, der begrenzenden Schleusenwand schützend, blicken wollte.

Leider war die Fernsicht von leichtem Nebel und Wolken etwas getrübt, doch in dem Moment wo sich der Blick mit zunehmender Höhe weitete und das Gefühl sich mit einem Schiff, in einer Wanne gefühlt mit einem weiteren Containerschiff, voller Leichtigkeit in die Höhe begab, war atemberaubend.

Morgen geht es bei der nächsten Schleuse, Uelzen, nur 22 m in die Höhe. Aber das ist ein Schacht, der geflutet wird, nass, dunkel, steil und wir werden nur noch zu zweit sein, die Skandia mit losen Leinen daran zu hindern durch die Strudel, Strömungen und Sog gegen Schleusenmauern, Frachtschiffen, und Tore gerieben zu werden.

Ich mache jetzt das dritte Bier auf.

So macht man sich Mut, oder verdrängt, und bekommt auch Appetit auf das Abendessen, dass ich noch in unserer Kombüse, neben dem Salon zubereiten muss.

Soljanka soll es geben.
Prost – das letzte Bier kann jetzt weg