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Von Schuro Obod nach Jag

19. Aug. 2019  4/29 Pamir

Von Schuro Obod nach Jag

97,44 km 5:52 Std. 16,61 Schnitt  1111 hm

 

Ein genussvoller Fahrttag. Fast 100 Kilometer, ein spannendes Auf und Ab. Nach einer langen schnellen Abfahrt, weit über 1200 Höhenmeter herunter in das Tal des Pansch, ergaben sich immer wieder neue faszinierende Blicke auf eine phantastische Bergwelt, auf kleine Bergdörfer. Sie wirkten in meinen Augen malerisch, pittoresk, doch selbst romantisch verklärt kommt man nicht umhin zu sehen wie archaisch, es trotz der seit drei Jahren verbreiterten Weges, wie einfach und wie beschwerlich das Leben auf der afghanischen Seite noch sein dürfte.

Insgesamt war ich über 10 Stunden unterwegs. (7:50 – 18:00 Uhr)

Bei der Nachmittagspause bekam ich eine Nachricht von einem Freund. War es Eingebung, dass ich mein Telfon anschaltete? Zufall dass ich im richtigen Moment keine Kosten gescheut habe und eine Nachricht ahnte. Nur eine selektive Wahrnehmung, emotional überbewertet?

Sie kam von einem langen Wegbegleiter, eine Seelenverbindung, einem, meinem Lehrmeister, mein väterlicher Freund.

 

Inmitten der angestrebten „Einsamkeit“, (wollte ich das so? will ich das wirklich?)

Mal wieder so weit von zu Hause entfernt, dann den Herzen, den Lieben emotional so nah, so schmerzlich plötzlich das Gefühl zu haben, so hilflos auf den Wandel zu Hause blicken zu müssen.

 

Wie will ich einen solchen Tag im Nachhinein beschreiben? Wie ich startete, wie ich auf die lange Abfahrt, heutzutage alles neugebaut, breit, zu fuhr, erwartungsvoll, neugierig, mit offenem Herzen, freudiger Erwartungen, wie werde ich den Blick auf dieses sagenhafte Tal erfahren, wie würde ich mich fühlen?

Erinnerungen an meine erste Berührung mit dem Pansch, mit der beeindruckenden Bergwelt, den schroffen Felsen, den Furcht einflössenden gewaltigen, unberechenbaren Steinmassen, Erosionen, Geröllhalten, Steinschlag, Abgänge ganzer Hänge, von brachialen Brocken zerschlagene Straßen, Betonmauern, Leitplanken zerrissen, werden wach. Die Straße ist auf diesen ersten 100 Kilometer enorm verbessert worden. Es tut dem Land gut. Die Infrastruktur wächst, es gibt ein paar mehr Geschäfte, es kommt der Ökonomie zu gute, dem Transport von Lebensmitteln und Gütern, die kleinen Ortschaften wachsen. Auf der tadschikischen Seite und nun seit knapp 3 Jahren erfahren die Menschen auf der afghanischen Seite, mit der Verbreiterung des schmalen, ehemals extrem gefährlichen Trampel- und Gebirgspfades, etwas mehr Wohlstand und Komfort.

 

Das ungestüme Wasser mit welcher Kraft es abwärts fließt, alles aufwühlt, mit reißt, die Landschaft prägt, sich ins Tal tiefer und tiefer frisst,  ohne Pause, es fliesst, es ist heute und jetzt, es schenkt Leben, nimmt Leben, gibt dem Land Leben, es ist da.

Daneben fühlt man sich unbedeutend.

 

Ich wollte in mitten dieser Landschaft, am Nachmittag meinen Tee trinken, eine warme Suppe zur Stärkung, und in einem kleinen Film meine Gefühle einfangen, die Bilder die ich sah, die Gedanken an die ich hing, festhalten.

Ich öffnete die Nachrichten App und las, dass mein Freund sich entschlossen hatte keine weiteren chemischen Behandlungen, schmerzvolle, über sich ergehen zu lassen, dass er hofft, sich wünscht, dass er bis zu meiner Rückkehr versucht, durchzuhalten, aber nicht weiß ob er es noch schafft.

 

Wie will ich diesen Tag beschreiben? Im Herzen zerrissen, geehrt für seine offenen, aufrichtigen Gefühle, geehrt für sein Vertrauen, seinem zu mir Hingezogen sein. So ehrlich, so hilflos und so stark.

Ich bin so weit weg und doch dann den Herzen so nah.

 

Alt werden ist nichts für Feiglinge.

 

Meine Nachricht die ich, für die Allgemeinheit, für euch, für meine Freunde, aufnehmen wollte, lief aus dem Ruder, ich sprach aus was ich nur ihm sagen wollte, werde.

Haltgeben, Hand geben.

 

Mit den Gedanken wer man ist, was man will, rollte ich, noch ein duzend Kilometer, weiter, ich war im Geiste nicht auf der Straße.

Die körperliche Auseinandersetzung, die Strapazen, die Berge, die Hügel und Rampen rauf nahm ich wie ich es eben konnte, aber es war ein anderer Kampf als die Tage, Wochen vorher, es ging an mir vorbei. Der Körper quälte sich die Höhen rauf, der Geist war mit anderweitig beschäftig.

In Zigar, einer kleinen Ortschaft, pausierte ich, setze mich zu ein paar Alten, die Verständigung lief über Augenkontakt, Handzeichen, Fingerzeige auf Herz, aufs Rad, auf den ausströmenden Atem, Sätze wurden gesprochen und nur am Klang, an der Färbung eingeordnet.

Ich trank ein kalte Limonade, saß da und lies Zeit verrinnen. Nein ich lies die Zeit zu. Das Bewusste erfahren. Das Sein.

Aus diesem Sein, aus diesem Moment, aus diesem Ausstrahlen und Empfinden heraus, kam ein Tadschike auf mich zu, und bot mir sein Haus zu Übernachtung an. Komm und sei mein Gast.

Asim.

Ich musste noch weitere 20 Kilometer fahren um nach Jag, zu Asims Haus zu gelangen.

Ich wurde warm und herzlich von der ganzen Familie, den Eltern, einem Bruder, der Schwägerin, der ganzen Familie, 5 Kindern aufgenommen, umsorgt.

Es hat mir gut getan in einer Familie, in Gesellschaft das Abendbrot zu nehmen, den Tag ausklingen zu lassen, gut behütet zu übernachten.

 

 

Ich habe meinem Freund geantwortet: dass ich ihn verstehe, dass ich ihn unterstütze, dass ich ihm die Hand reichen will und dass ich für da sein werde, wenn er nach mir verlangt.

 

 

 

 

 

von Khulob – nach SchuroObod

18. August.2019 3/29 Pamir

von Khulob – nach SchuroObod

nur 34 Km und 4:52 Std. unterwegs. eine Durchschnittsgeschwindigkeit von unter 7 km/h

1321 Höhenmeter.

 

Ich wusste es würde bergauf gehen.

Ich wusste es würde anstrengend werden.

Ich dachte nicht, dass ich es durchhielt.

 

Am späten Nachmittag erreichte ich den Ort auf einem kleinen Plateau, bevor es zu der steilen Gebirgsabfahrt runter zum Pasch gehen würde.

 

Ich wollte nicht mehr weiter.

Ich nahm mir ein Zimmer, obwohl ich zu einem empfohlenem Zeltplatz, mit einer bemerkenswerten Fernsicht, wollte.

 

Den Berg rauf, es war eine Qual.

Stunden vergingen, die Straße wirkte unendlich, nahm kein Ende. Kurven folgten auf ewig lange Geraden, folgten Steigungen.

Atempausen, Motivationspausen, Essen und immer wieder trinken.

4,5 Liter Wasser den Berg rauf zu schleppen, nicht zu wissen ob es reicht, jedes Kilo gerne weniger zu haben, dann nach Stunden zu fürchten nicht mit dem Wasser aus zukommen.

 

 

Ich wusste es würde heute Berg auf gehen. Ich wusste, dass ich die Gebirgskette erst überwinden muss um den ersten freien Blick auf den Pansch, das breite Tal und auf die ersten Anhöhen Afghanistans zu bekommen.

Meinen Tag, die Fahrt habe ich nach 34 Kilometer, in der kleinen Ortschaft, auf dem Plateau beendet.

Was war das für eine geile Quälerei.

Nein, es war nur anstrengend. Nach den ersten 500 Höhenmetern wollte ich das erste Mal schon abbrechen. Der Gedanke noch weitere 1000 Höhenmeter zu fahren war bald unvorstellbar. Die ersten 10 Kilometer gingen noch sanft, Steigungen um die 3 vielleicht auch mal 4 % war der Durchschnitt.

Das Land kam mir so öde vor, es gab kaum etwas zusehen, kaum Abwechslung. Der Asphalt grob, rissig, lag, widerborstig, stoisch auf dem ausgetrocknetem Land.

 

Man versucht sich ein Ziel zu setzen, ich versuchte mir ein Ziel zusetzen. Kleine Schritte, kleinere erreichbare Ziele. Die Biegung, danach glaubte ich ein flacheres Stück, dort könnte ich mal halten und verschnaufen, dort könnte ich wieder gut neu anfahren. Oder ich wählte einen Steinhaufen, noch war er weit entfernt, visierte in als nächstes Ziel an, bis zu ihm wollte ich wieder durchhalten.

 

Wie sollte ich das schaffen? Wie viel Zeit wollte ich investieren, wie viele Pausen notfalls machen, mich erholen, atmen, etwas essen, genügend trinken, wird mein Wasservorrat bei dieser Fahrt, Verbrauch, überhaupt reichen?

Eine Bäuerin schenkte mir eine Melone, sollte ich sie annehmen, war das richtig, das Gewicht bedenkend? Ich nahm sie. Ich wollte sie zum Mittag, zur Belohnung, bei einer längeren Pause mir gönnen.

Kurze Zeit später saßen 2 Knaben unter einem Baum, im Schatten, boten auch Melonen an. Ich wollte nur etwas trinken, vielleicht auch ein Photo mit ihnen erbitten. Einer kam rüber, schnitt sofort eine Melone auf und reichte mir ein Stück.

Pause, vor allem mental, ich setze mich zu ihnen. Nahm dankend Stück für Stück, er schnitt weiter auf, die Melone an. Ich ass sie ganz auf. Eine Entlohnung lehnten sie Jungs ab.

Verdammt ich werde doch wohl durchhalten.

Nur noch 900 Höhenmeter. Auf 2 Kilometer bei durchschnittlich 5 % bis 8 % Steigung sind es meistens gute 100 Höhenmeter. Jetzt hatte ich meine Durchhaltetaktik. Ich muss nur noch 9 x in den Sattel, nur noch 9 x 2 Kilometer durchhalten. Das war eine für mich greifbare Größe. Ich konnte rückwärts zählen. Nur noch 8 x, nur noch 7 x.

Je höher ich kam desto schlechter wurde die Straße. Asphalt gab es nur noch stellenweise.

Danach hauptsächlich festgefahrener Schotter, grobe Steine, Schlaglöcher ab und an.

Auf 1700, 1800 Meter gab es Wasser. Eine Wasserstelle. Viele Passüberquerer hielten hier, füllten ihre Flaschen, kühlten ihre Fahrzeuge. Ein Imker bot mir sein Haus zu Übernachtung an. Nein, ich sah ein Ende der Quälerei, ich sah das Gipfeltor in der Ferne, ich hatte nur noch 4 Kilometer.

Und das wollte ich schaffen.

Und ich schaffte es.

Die Abfahrt danach bis zu der kleinen Ortschaft, unterbrochen von einer Passkontrolle, einem Militärposten, lief mäßig, die Straße rau, Spurrillen, Sand und viele lose Stein mahnten zur Vorsicht.

Jetzt hier in Schuro-Obod ist mir alles egal. Das erst beste Hotel, ich scheine der einzige Gast zu sein, öffnete freundlich die Türe zu einer asymetrichen, kahlen, übergroßen Eingangshalle, angegliedert vier oder fünf kleine ungenutzte Büros und Räume der Rezeption.

Das angebotene Zimmer ist sehr günstig, das Bett ist hart, der Kühlschrank aus, er schimmelt von innen, das Klopapier ist nur noch ein Rest, das Wasser kleckert aus der Dusche, man darf den Brausekopf aber nicht höher heben als der Badewanneneinlauf, dann versagt er und es tropft unten raus. Aber es gibt ein tolles großes weiches Handtuch.

Schade nur, das ich mein Shampoo in Dushanbe stehen gelassen habe.

Ich habe Probleme.

 

Bin gespannt wie das Abendessen wird.

Ich nahm das Abendessen ohne zu murren an, weil es nichts anderes gab. Keine Auswahl, es gab Kartoffelsuppe.

Ich dachte an den Tag.

 

 

 

Von Danghara nach Khulab

17. August 2019 2/29 Pamir

Von Danghara nach Khulab

87,01 Km 548 hm

 

Das erste was ich bei meinem Frühstück erfahren hatte.

Mein Nachbar, guter Bekannter, Freund, Koch, Mann, Patron, Bruder ist gestorben.

Ein schneller, heftiger, trauriger Leidensweg ist zu Ende gegangen.

Ein Guter ist weg.

 

Der Gast (ich) reist ab, der Hotelmanager der sich gestern noch aufgedrängt hatte, beachtete mich am Morgen mit keinem Augenaufschlag.

Vielleicht habe ich ihn mit meinem Frühstück gestört.

Nach dem ich mein Gepäck heruntergebracht hatte, Chai bestellte, bemerkte ich das alle Angestellten aus den unterschiedlichsten Ecken gekrochen kamen. Zwei schliefen noch im Restaurant, ein paar weitere neben den Tischen vor dem Haus.

 

Es ging nach Khulab.

Eine kleine Bergkette musste überwunden werden. Ein sanftwelliges Land, mit tiefen Tälern, fast Baumfrei. Die Getreideernte ist schon lange eingefahren. Stopplige Felder schließen an von der Sonne verdörrte goldgelbe Graslandschaften. Kaum ein Mensch ist zu sehen. Hin und wieder sieht man ein paar Hirten mit Ziegen, ein paar Kühen, meist unweit kleiner Dörfer, unweit einer hier so wichtigen Wasserstelle.

Der Verkehr auf der Straße ist zügig. Wenige Lkw bahnen sich den Weg die Hügel rauf und runter, schneller sind die unzähligen vollbepackten Land Cruiser und Opel Astra.

 

Mit meinen Gedanken hatte ich viel Zeit. Wenig Abwechslung gab es unterwegs. Oft sah ich Bilder der Begegnungen mit meinem Nachbarn vor meinem inneren Auge, wie er lachte, vollkommen unverständlich fluchte und die ungehörigen, maßlosen Leute verwünschte. Ich habe ihn für seine Konsequenz geliebt. Ein Patron. Eier muss man haben.

 

In Khulab suche ich mir ein nettes kleines Hotel, ein hilfsbereiter, freundlicher Angestellter vermittelte echte Gastfreundschaftlichkeit. Er zeigte mir wo es ein anständiges tadschikisches Restaurant gab und wo ich, vielleicht einzig in Khulob, ein Bier trinken gehen konnte.

Prost Patron. Ich denke an Dich.

 

An den Pansch werde ich erst morgen oder in den nächste Tagen kommen. So verbuche ich die heutige Fahrt mehr unter Anfahrt und Gedenkfahrt.

 

 

Von Dushanbe nach Danghara

16.August 2019

Von Dushanbe nach Danghara

96,5 Km 1500 hm 2 Tunnel ( 5 km und 2 km)

Geplant war an diesem Tag nur bis Nurek, ca. 46 Kilometer, zu fahren.

Ja ich beginne mit dem was ich nicht erwartet hatte. 2 Tunnel.

 

Der Tag begann, motiviert, gespannt, voller freudiger Erwartung wie mein Einstig in den Pamir wohl beginnen würde. Abschied von Bernd, mein Gastgeber, er lebt und arbeitet in Dushanbe, sein Vertrag läuft noch gute 2 Jahre, er lebt alleine in einem kleinen Haus mit Garten, Abstellfläche für sein Auto, Motorrad und Fahrräder.

Durchreisende sind für ihn eine willkommene Abwechslung, zumeist kurze Begegnungen, abwechslungsreicher Gesprächsstoff, wechselnde Charaktere, ein zwei Tage, dann geht es für die meisten wieder weiter.

Ich blieb 9 Nächte.

 

Zwei Bergspitzen lagen vor mir. Die Temperatur war noch erträglich. In meiner Erinnerung war die Straße, damals, nicht in einem so gutem Zustand.

Ich verlasse Dushanbe.

Die Gegend wurde welliger, wirkte etwas trockner. An einem kleinen Bachlauf sammelte sich in einer kleinen Senke Wasser. Kinder spielten, plantschten, Erwachsene schauten zu, Tiere wurden getränkt, Wasserkanister gefüllt, Eimer weggeschleppt, Esel mit Tonnen beladen. Es schien für dieses Dorf die einzige Wasserstelle gewesen zu sein. Kein Vergleich mehr mit der Hauptstadt.

 

Stetig stieg die Straße an. Nach zehn Tagen Zwangspause musste ich mich ganz schön zusammen reißen die Steigungen durchzufahren. Aber ich schaffte sie, schnaubend, ein paar kleine künstlerische Pausen, trinken, etwas essen, dann wieder aufs Rad und ich kam oben an.

 

Kurz nach dem eine Abfahrt begann, stand ich plötzlich vor einem Tunneleingang.

Über 5 Kilometer sollte er lang sein, eng, etwas beleuchtet, aber von einer Abluft war nichts zusehen. Meine lieben Herren vom Gesangverein, nein. Nicht mit mir.

Ich trampte und ein LKW mit Auflieger nahm mich mit. Die Bitte, einmal durch den Tunnel.

Er nahm mich mit, machte nach dem Tunnel keine Anstalten zu halten, es ging in Windeseile runter ins Tal, auf der anderen Seite gewaltig, schnell, steil wieder rauf, dann folgte tatsächlich noch ein zweiter Tunnel.

Danke.

Jetzt war ich schon viel weiter als ich an diesem Tag eigentlich kommen wollte.

In Danghara lies ich halten.

An dem Monument, dem Gedenkstein für die getöteten Radfahrer, vor ein paar Jahren, sie sind einem Attentat zum Opfer gefallen,war er auch schon vorbeigeflogen.

 

Es ging auf Mittag zu. Die Temperatur stieg. Ich sah ein Hotel mit Restaurant, nahm ein Zimmer, klagte nicht, versuchte den Preis, der meiner achtens nicht gerechtfertigt war, noch zu drücken. Es war umsonst.

Das versprochene Internet, nachdem ich das Zimmer bezogen hatte, gab es nicht. Das Badezimmer ohne Waschbecken, ohne Handtücher und ein nerviger möchte gerne wichtiger Manager.

Was solls.

Ich duschte ging wieder runter ins Restaurant, begann zuschreiben.

Die Jungs, die Helfer, der Manager setzen sich zu mir, machten ihre „Selfies“ nervten und nervten noch mal. Irgendwie fehlte dort jede normal gefühlte zwischenmenschliche Grenze.

Ich ging in die Küche, schaute in die Töpfe, was kochte, was war gut gegart, entschied die Suppe und das Reisgericht könnte ich Bakterienfrei überleben.

Das nahm ich- „odin“ – Einmal bitte, jeweils.

 

Ansonsten .

Stromausfall. Telefone und Computer lassen sich nicht laden.

 

Das Zimmer lässt sich nicht abschließen. Nur von innen. Im Gang davor sitzt eine Madam, in einem Nebenraum trinkt sie Tee, soll auf die Etage aufpassen, tut nichts, andere Aufgaben scheint sie nicht zu erledigen.

Ich denke ich werde morgen früh, früh starten. Zurück auf die Straße.

 

 

 

 

 

 

es perl(te) an ihr ab

Dienstag 13. Aug. 19

Es perl(t)e an ihr ab.

Es wird Zeit, das es wieder los geht. 9 Tage in Dushanbe sind zu lang.

Dushanbe, Hauptstadt Tadschikistans.
Sauber, gepflegt, bietet alles. Es wird gebaut. Alte Viertel werden abgerissen, riesige Neubauten werden hochgezogen, über Geschmack kann man streiten, über die anscheinend mindere Qualität eher nicht. Es gibt viele Regierungsgebäude und allzeit sichtbar der winkende Führer des Landes der Präsident des Landes. Emomalij Rahmon.
Plakativ hängt er vor jeder Schule, jedem staatlichen Haus.
Aber irgendwie ist es auch langweilig hier. Gestern wollte ich auf Photosafari gehen. Nach einer Stunde brach ich die Suche nahezu ergebnislos, emotionslos ab.

Auch wenn ich manches gerne noch vor mir her schieben würde – Mensch Houf –
doch noch gibt es einen Grund, zu warten – das Visum Indiens ist noch nicht fertig.

Es setzt mich zu nehmend unter Druck. Ich weiss nicht wie viel Zeit, ich, mein Körper, für den Pamir brauchen. Schaffe ich es körperlich und konditionell die 1280 Kilometer in jetzt nur noch verbleibenden 28 Tagen zu fahren?
Ich möchte die Süd Route zum Pansch fahren, sie ist einwenig länger, aber landschaftlich schöner. Es ist meine alte Route von 2011. Es ist eine wichtige Etappe für mich. Emotional aber auch ganz rational. Es war der Höhepunkt der ersten Reise Richtung China.
Ich war damals von der Kargheit, den ausdrucksstarken Felsen und Gebirgen, der Einsamkeit, dem reißenden Fluss ungemein fasziniert.

Der „Stein“.
Ich bringe ihn nun zurück. Sein Herz liegt auf dem Pamir vor dem Tien Shan Gebirge und er gehört nicht nach Köln.
Zum Verständnis sollte ich dies kurz erklären.
Es ist für diese neue Reise, mit neuen Beweggründen, neuen Erfahrungen, nicht wichtig. Aber es ist ein Detail.

Auf dem Höhepunkt des letzten Passes, bevor es runter ins grünere Kirgistan ging, raus aus dem Pamir fand ich einen Stein, der für mich alles in sich barg was die Reise für mich bedeutete. Ich erkannte nicht nur die Reise.
Ich blickte zurück auf die Strecke die ich gefahren war, ich blickte zurück auf das was mich bewegte zu dieser Reise, ich blickte zurück auf mein Leben, ich blickte zurück auf die Begleiter in meinem Leben, meine Geschichte und sah meine Sehnsüchte.
Ich nahm ihn auf. Brachte ihn über 17000 Kilometer bis nach Köln und wollte ihn, meiner vergangenen Liebe, Beziehung übergeben.

Sie nahm ihn nicht an.

Wir hatten unsere Beziehung schmerzlich aufgegeben, sie verhungern lassen, hatten dem Anderen nicht den Raum gegeben den er brauchte. Uns fehlte die Kraft. Hatten nicht über unsere Bedürfnisse geredet. Große Chancen vertan.
Es wäre allerdings sehr falsch diesen einen Stein alleine nur dieser einen Frau zu münzen.
Das tue ich auch nicht. Nein – Der Stein ist ein Zeitzeichen, er birgt mehr die Momente, Erinnerungen, Erfahrungen und Erkenntnisse die ich gewonnen habe, die ich in meinem Leben gemacht habe. Er birgt mich.
Der Stein im Brett, der Stein auf dem Herzen, der im Magen, einer voller guter Erinnerungen.

Beziehungen in meinem Leben:

Nun die Drei Beziehungen…
waren es vielleicht die Wichtigste Liebe, die Größte Liebe und die Beste Liebe?
Die wichtigste Erkenntnis, Ereignis, Liebe in meinem Leben kam erst als ich dazu bereit war.
Ich musste davor dafür durch die Hölle gegangen sein und gute vierzig Jahre alt werden.
Alles vorher war larifari, Schein, Trug, verblendet und blöd.
Ich war vorher unfähig zu fühlen, zu spüren, zu verstehen, zu vertrauen, zuzulassen, zu lieben.
Ich hatte das nicht gelernt. Dem entsprechend konnte ich es auch nicht zeigen, geben, zulassen.
Den wichtigsten Wandel brachte meine Weinprinzessin.
Den größten Wandel brachte Perle, Nähe, Tiefe und Hingebung.
Der beste Wandel kam unerwartet mit Vertrauen, Zuversicht, Verlässlichkeit und Beständigkeit.

Vielleicht stand die größte Liebe, eine andere, vorher schon mal neben mir, ich habe sie aber nicht wahrnehmen können, war zu beschäftigt, hatte nicht die Antennen, habe sie nicht gesehen, hatte zu viel Schiss, wer weiss?
Es gibt auch das Verhängnisvolle. Das man sich nicht traut zu riskieren, weil man sich vielleicht unsicher ist, der Konsequenzen bewusst oder unsicher. Vielleicht gehen damit die größten Lieben an einem vorbei – man wird es nicht erfahren, bevor man sich nicht traut, es zu lässt.

Genug damit.

Ich bringe nun den Stein dort hin zurück, wo er für mich gefühlt hin gehört, auf den Pamir.

Und dann etwas für meine Mutter, nicht für sie alleine, aber ihr möchte ihr die Zeilen, das Gedichts Rilkes “Du musst das Leben nicht verstehen“ widmen, denn in dem Gedicht klingen ihre Worte, zeigen sich Bilder ihrer Lebenseinstellung. Kann man von lernen.

Du musst das Leben nicht verstehen,
Dann wird es werden wie ein Fest.
Und lass dir jeden Tag geschehen
sowie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken lässt.
Sie aufzusammeln und zu sparen,
Das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
Nach neun seine Hände hin.

Jetzt harre ich hier gespannt auf meine Weiterfahrt.

Also gehabt euch wohl.

Thomas (te)

Im September werde ich in China sein
Im Oktober hoffentlich in Pakistan,
Im November wahrscheinlich in Indien
Und im Dezember in Nepal, Weihnachten Silvester in Kathmandu, Phokara
Wer weiss.

Liebe Bina, Sylke und Manfred…dann wird die Zeit kommen uns auf unser 25 jähriges Fest zu freuen.
Januar – werde ich noch in Indien (das 2x mal) sein
Februar – Myamar
März – Thailand Kambotscha
April Laos / Vietnam
Anfang Mai müsste ich da sein ..wie vor 25 Jahren

Wir werden es sehen. Sehen jetzt nur schon noch besser aus.

 

neun Tage

Neun Tage

Grüner Tee auf der überdachten Terrasse, ein kleiner Flecken Wiese vor mir, Zeit und Möglichkeit mit den Tagesberichten zu beginnen. Nach neun Tagen.

Ich wollte mit meiner Einfahrt nach Tadschikistan beginnen, die Grenze von den Russen vor ewigen Jahren neu gezogen liegt direkt vor den aufsteigenden Bergen. Aus Usbekistan kommend kündigt sich Tadschikistan mit prächtigen, stolzen Massiven an. Staune. Die Rücken der schroffen Felsen oft karg, vor hundert Jahren kahl geschlagen, Bäume und Grün findet man nur in den bewirtschafteten Flächen, nah der Dörfer, nah der Straßen, aufwendig über tausende kleine Kanäle, Aquädukte mit dem wertvollen Nass aus den Bergen versorgt.

 

Ja und dann begann am 2 August meine ersehnte Fahrt nach Dushanbe, der Hauptstadt Tadschikistan. Endlich.

Nach ein 2,5 Wochen ohne Training spürte ich meine Knochen, die verweichlichte Muskulatur versagte fast, die geringe Kondition dämpfte die Geschwindigkeit. Es tat meiner Freude und dem Genuss den Wandel der Flora der Landschaft wieder zu sehen, Erinnerungen an meinen letzten Besuch wurden wach, aber keinen Abbruch. Neben den Unmengen an Aprikosenbäumen, sie sind gerade reif, ihre Früchte werden am Straßenrand angeboten, werden in der Sonne getrocknet, stehen die schlanken Pappeln, sich im Wind zitternd, rufend, spitz, von weitem sichtbar auf ein Dorf, auf eine bewohnte bewirtschaftete Fläche hinweisend.

Einzigartig.

Ja und dann kamen Kinder. Immer, alle, jedes kam angelaufen, wenn es einen erspäht hatte, rief „hello, hello, hello“. Sie möchten den vorbeifahrenden Radfahrern die Hände abklatschen, zum verweilen animieren, wissen woher man kommt „ откуда, откуда, otkuda, woher, woher kommst Du?Es ist eine Freude. Nur wenige nerven, nur selten war ich zu müde zu antworten. 68 Kilometer am ersten neuen Fahrtag. Ich finde auf Umwegen ein nettes Hostel, endlich nach langer Zeit ein gescheites Wifi, Wlan Netz, nehme einen Film auf den ich schnell und unkompliziert auch noch hoch laden konnte.

(https://www.facebook.com/395639377897693/videos/483045242263817?s=100000786791385&v=e&sfns=mo

) Just in diesem Moment des Schreibens kommt ein Nachricht von einer Freundin rein, die geschickt, nach diesen neun Tagen darauf hinweist, dass es Zeit ist die Gedanken zusammen zu fassen, sie befürchte, dass ich vielleicht zu viele schöne Details vergessen könnte. Wie Recht sie doch hat.Auch das Konzept meines heutigen Tagebucheintrags ist mir jetzt schon etwas aus dem Ruder gelaufen. Ich erinnere mich wie ich beginnen wollte, was ich zu welchem Zeitpunkt erwähnen wollte, wie ich den Stimmungsbogen aufbauen wollte. Es hat nicht geklappt. Zurück zur Straße, dann doch chronologisch, Tag Zwei. 78 Kilometer mit vielen Steigungen und langen Abfahrten bis zu einem Wildcamping Platz.Wir bekamen…ach ja wir, Antonia, vergaß zu erwähnen, eine junge Frau, begleitet mich, oder ich sie, unterwegs eine reife, große Honigmelone geschenkt. Gewicht, Gewicht. Für die tadschikischen Männer bin ich mit ihr verheiratet, nicht mit der Melone, um lästigen Angeboten und Fragen zu entgehen, es ist, wäre meine Dritte Ehe. Dann sorgte ich an dem letzten kleinen Magazin noch für genügend Getränke, Wasser zum kochen, Wasser für den Frühstückskaffee, Wasser für die nächsten ersten Kilometer am kommenden Tag. Fünf Flaschen. 7,5 Liter / Kilogramm plus die Melone. Nach einem anstrengenden Tag zwingt mich das zusätzlich Gewicht an den letzten Steigungen fast in die Knie. Der Zeltgrund, der Campspot auf I Overlander gefunden, eine App mit zusammengetragenem Wissen und Erfahrungen von Fahrzeugfahrern, war alles andere als romantisch, aber abgelegen, trocken und sicher. Und langweilig.Langweilig empfinde ich auch den heutigen Text. Da mache ich mir während des Schreibens darüber Gedanken wenn ein Bekannter (P.) sagt es wäre ihm zu langatmig. Neun Tage kann und will ich auch gar nicht beschreiben, nur wenn ich euch bestrafen wollte, könnte und ihr auch wirklich alles lesen müsstet und würdet.Also knapper heute.(Da macht sich der Schreiber zum Untertan des faulen und eigentlich nicht interessierten Lesenden)Der Dritte Tag hatte wieder alles was ich erwartet, erhofft hatte, gab mir das was das Reisen, was das Radreisen ausmacht. Der Kontakt zu den Menschen, die Nähe, die viele Zeit die Atmosphäre vor Ort einzuatmen, aufzunehmen, sich drin zu baden. Einzutauchen. Ich konnte die Bergwelt, die unglaublichen Formationen, die Spuren der Erosionen, die Spuren die die Kraft des Wassers hinterlässt bestaunen. Wir stiegen in einer der niedrigsten Absteigen ab. Kleine Räume, ein Hockklo am Ende des Gartens, ein Baderaum mit kaltem Wasser aus einer Regentonne und sehr heißem, Holz gefeuertem, erhitztem Wasser. Ich trank Tee mit der Großmutter des Hauses, saß draußen bei den Kindern, sah den Frauen beim nähen, waschen, den Hausarbeiten zu. Die Unterschiede in den sozialen Verhältnisse in Tadschikistan sind gewaltig. Monatseinkommen von 50,-€ bis 100,-€ sind keine Seltenheit. Menschen, Kinder, junge Mädchen, es war in der Mittagshitze, direkt vor der Hauptstadt, schlugen aus abgelagerten Bauschutt Moniereisen, verkäufliche Metalle, schlugen und gruben mit Hämmern und Hacken, schoben bis zur vollkommenen Ermattung Karren. Daneben fahren hier teure neue Marken Fahrzeuge zuhauf rum. Sieht man Reichtum, weniger, an allen Ecken. Mein Mittagessen in Dushanbe, in einem normalen, gutem Restaurant, kostete schnell mal 8,- bis 10 $. Anfahrt auf Dushanbe. 5.AugustNein ich bin nicht den Anzorbtunnel und auch nicht die 20 Kilometer Steigung mit 8 % bis 12%. Das hätte ich nicht geschafft und den Tunnel nicht überlebt!Der Tunnel ist gute 5 Kilometer lang, stark befahren, nahezu ohne Licht und er hat keine Lüftung. LkWs, Kohletransporter. Die Sicht ist katastrophal, Fahrzeuge überholen, blind, Fahrzeuge fahren ohne Licht, der Geräuschpegel infernalisch, die Luft zum schneiden voller aufgewirbeltem Dreck. Für Motorradfahrer gesundheitsschädlich, für Radfahrer tödlich. Ich denke das Risiko in dem Tunnel überfahren zu werden liegt bei 50/50 oder vielleicht sogar 80/20.Also wer nicht im Tunnel sich Schmerzen zu fügen möchte, der soll es so wie ich machen, nehme ein Taxi oder trampe durch, beginn nach dem Tunnel mit einer genussvollem, Aussichtsreichen, 70 Kilometer langen Abfahrt und verheddere Dich bei über 40 Km/h mit dem Vorderrad in einer Ausbesserungsstelle im Asphalt und stürze. Schürfwunden an Knie, Ellbogen, Hüfte, Rippenschmerzen und einen ganz ordentlichen Schrecken habe ich mir so selber zugefügt. Die vordere linke Gepäcktasche hat einen kleinen Riss abbekommen, der Rest ist aber alles heil geblieben.

 

Dushanbe.

Ich wohne privat.

Ein „Warmshower-Host“ zu deutsch, ein Gastgeber der Reisenden ein Bett und eine warme Dusche anbietet.

Da bin ich jetzt schon dankbare 4 Nächte.

Hier bereitete ich meine Unterlagen für das indische Visum vor, konnte Wäsche waschen, eine neue Sim-Karte kaufen, Gepäck aus sortieren und unbesorgt lecker essen gehen.

Wie man sich irren kann. Die Bakterienstämme hier in den „Stans“ sind so unterschiedlich, uns so fremd, dass im Grunde jeder Reisende mal Durchfall bekommt.

Bei mir brach das Gewitter vorgestern Nacht aus, stundenlang. Das Entleeren, die Krämpfe, den Zitter, die Kälte und Frostgefühle bei 30°C Raumtemperatur, muss man überstehen, dann aushungern. Ich esse seit 2 Tagen nichts, aber auch gar nichts mehr und hoffe bald wieder zu Sinnen zu kommen.

Die Unterlagen für Indien, ich musste neue Passbilder anfertigen lassen, größer, habe ich abgegeben. Eine Express Bearbeitung kennen sie nicht, haben die Damen und Herren der Botschaft noch nichts von gehört.

Jetzt heisst es warten, bis ich das Visum bekomme, bis ich losfahren kann.

Losfahren in den Pamir. Untrainiert. Abgemagert. Das soll mir erstmal einer nachmachen.

 

https://www.youtube.com/watch?v=paimTyp83_8&list=PLRv06bGnz60L9IrSjP-W4xATFAxQugmMp&index=4

 

Mein Bart muss bald ab